Finnland und Schweden verbindet seit Jahrhunderten eine gemeinsame Geschichte – und ein schwieriges Verhältnis zum Staat im Osten. Für den Chef des aussenpolitischen Instituts Finnlands, Mika Aaltola, waren die engen Beziehungen stets nützlich für beide Staaten: «Für uns in Finnland schuf Schweden etwas Handlungsspielraum, gleichzeitig diente Finnland Schweden als eine Art Schutzschild.»
Auch EU-Beitritt gemeinsam durchgezogen
Schon beim Beitritt zur Europäischen Union vor knapp drei Jahrzehnten legten die beiden Nordländer einen Paarlauf hin. Dasselbe sollte sich nun mit dem Nato-Beitritt wiederholen. Das Gesuch um Aufnahme in die westliche Verteidigungsallianz wurde im letzten Sommer gleichzeitig in Brüssel eingereicht.
Und an der Münchner Sicherheitskonferenz vom Wochenende unterstrich die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin erneut, dass ihr Land gemeinsam und gleichzeitig mit Schweden der Nato beitreten möchte: «Ein gleichzeitiger Beitritt mit Schweden hat nicht nur mit unseren guten Beziehungen zu tun, sondern ist auch strategisch von grosser Bedeutung», betonte die Regierungschefin.
Dies als Reaktion auf den türkischen Präsident Recep Tayyib Erdoan, der in der letzten Woche erklärt hatte, das finnische, nicht aber das schwedische Nato-Beitrittsgesuch dem Parlament in Ankara zur Ratifizierung vorzulegen. Erdogan wirft Schweden weiterhin eine pro-kurdische und anti-muslimische Politik vor.
Wenn wir der Nato beitreten, schützt dies auch Schweden vor Russland.
Während Sanna Marin in München die Wogen zu glätten versuchte, macht das finnische Parlament in Helsinki unterdessen realpolitische Nägel mit Köpfen: Bereits in der kommenden Woche soll es ein Gesetz verabschieden, welches einen schnellen Beitritt des Landes in die Nato auch ohne Schweden ermöglichen soll.
Und das – so erklärt der Vorsitzende der aussenpolitischen Kommission, Jussi Halla-aho, im Eduskunta, dem finnischen Parlament, – sei auch für Schweden gut. «Wir haben eine über 1300 Kilometer lange Grenze zu Russland; wenn wir der Nato beitreten, schützt dies auch Schweden vor Russland», sagt Halla-aho, der der nationalkonservativen Partei der Wahren Finnen angehört.
Damit wird nun aus dem sicherheitspolitischen nordischen Paarlauf mit grosser Wahrscheinlichkeit ein finnischer Sololauf. Dieser hat, so Mika Aaltola, auch mit der unterschiedlichen Leidensgeschichte der beiden Länder zu tun.
«Für uns Finnen ist dies das definitive Ende des Wunschdenkens, was die Beziehungen zu Russland betrifft», betont der politisch unabhängige Aaltola, der laut Meinungsumfragen derzeit die besten Chancen hat, im kommenden Jahr zum Nachfolger von Staatspräsident Sauli Niinistö gewählt zu werden.
Schweden haben dafür wenig Verständnis
In Schweden stossen diese Argumente in der Bevölkerung nur bedingt auf Verständnis. Die Regierung hat sich bislang nicht offiziell zur neuesten Entwicklung in Sachen Nato-Beitritt geäussert. Einzig in einem Interview mit der britischen Zeitung Financial Times betonte Ministerpräsident Ulf Kristersson, dass ein früherer Beitritt Finnlands ein sehr unglückliches Signal wäre, nicht zuletzt gegenüber Russland.