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Schweiz und Ukraine am WEF Verhandeln – aber wo und wie?

Militärisch, aber auch diplomatisch wächst der Druck auf die Ukraine. Die russischen Truppen rücken vor, während der neue US-Präsident Donald Trump auf Verhandlungen mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin drängt. Die Ukraine fürchtet, dass für sie am Verhandlungstisch kein Platz sein wird. Und hofft jetzt auf die Schweiz.

Ukraine fordert diplomatische Unterstützung

Auf der Wunschliste der Ukraine stehen nämlich nicht nur humanitäre Hilfe, Geld und Waffen, sondern auch der diplomatische Beistand. Die Ukraine sei dankbar «für die Unterstützung bei einem allfälligen Friedensprozess», sagte die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter am Dienstagabend nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski am Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos.

Dass es 2025 zu Verhandlungen über den Krieg in der Ukraine kommen wird, ist wahrscheinlich. Völlig offen ist aber, wer diese wo führen wird. Zumal Trump und sein Team offenbar weder der Ukraine noch anderen Staaten einen konkreten Plan vorgestellt haben. Einiges deutet daraufhin, dass der Plan bloss darin besteht, mit Putin zu reden.

Ein Szenario: Trump und Putin kommen in einem Golfstaat zu Verhandlungen unter vier Augen zusammen und einigen sich auf einen Ukraine-Deal. Er beinhaltet eine faktische Aufteilung der Ukraine, aber keine westlichen Sicherheitsgarantien für die ukrainische Regierung. Trump droht Selenski, die Militärhilfe zu kappen, sollte er dem Deal nicht zustimmen.

Schweiz als Vermittlerin?

Ein solches Szenario gilt es für Selenski zu verhindern. Im vergangenen Sommer konnte er die Schweiz als Gastgeberin einer Ukraine-Konferenz auf dem Bürgenstock gewinnen. Eingeladen waren die meisten Staaten der Welt – ausser Russland. Handfeste Erfolge gab es keine.

Doch Selenski dürfte unter Mithilfe der Schweiz versuchen, möglichst viele Staaten für ein weiteres Treffen ähnlich jenem auf dem Bürgenstock zu gewinnen. Putin und Trump sässen in einem solchen Szenario zusammen mit vielen anderen Staats- und Regierungsoberhäuptern am grossen Verhandlungstisch.

Selenski hofft in einem solchen Szenario auf einen besseren Deal – und darauf, dass die Schweiz in der Vorbereitungsphase eine wichtige Rolle spielen könnte. Zumal die Schweiz, trotz Sanktionen gegen Russland, noch immer Kontakte zur russischen Regierung pflegt.

Doch jedes Szenario ist derzeit nur eines unter vielen. Für Putin läuft es militärisch gerade gut, seine Truppen rücken vor. Ob er überhaupt an einem grossen Verhandlungstisch Platz nehmen würde, ist mehr als fraglich. Nicht ohne Grund sprach Bundespräsidentin Keller-Sutter von einem «allfälligen» Friedensprozess.

Sebastian Ramspeck

Internationaler Korrespondent

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Sebastian Ramspeck ist internationaler Korrespondent für SRF. Zuvor war er Korrespondent in Brüssel und arbeitete als Wirtschaftsreporter für das Nachrichtenmagazin «10vor10». Ramspeck studierte Internationale Beziehungen am Graduate Institute in Genf.

Hier finden Sie weitere Artikel von Sebastian Ramspeck und Informationen zu seiner Person.

10vor10, 22.01.2025, 21.50 Uhr

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