Silvan Meier ist in einem kleinen Dorf im Thurgau aufgewachsen. Trotzdem, oder vielleicht gerade deshalb, träumte er schon als Kind davon, die weite Welt zu entdecken: «Wenn man in einem Land wohnt und arbeitet, kann man es viel besser entdecken, als wenn man es einfach nur als Tourist besucht.»
Der 42-jährige Lehrer machte seine Träume wahr und entschied sich im Januar dazu, mit seiner Frau und den zwei kleinen Söhnen nach Bangkok zu ziehen, um dort an der Schweizer Schule Deutsch und Französisch zu unterrichten. Doch dann kam das Virus und Thailand schloss die Grenzen.
Plötzlich Nomaden
«Für uns war es richtig kompliziert», sagt Meier. Die Familie habe bereits angefangen, die Wohnung zu räumen, Koffer zu packen. «Als Corona kam, machten wir einen Plan B und C und mussten alles wieder über den Haufen werfen. Momentan sind wir bei Plan Q oder R. Wir haben keine Wohnung, kein Auto – wir sind Nomaden.» Derzeit wohnt Meier mit seiner Familie bei Freunden. Die Situation sei sehr anstrengend, sagt der Lehrer.
In der Schweizer Schule in Bangkok wartet Schulleiter Simon Dörig auf seine Lehrer. Neun der knapp sechzig Lehrpersonen konnten noch nicht einreisen. Trotzdem hat Dörig das Ferienprogramm «Summer German», in dem die Schülerinnen und Schüler ihr Deutsch auffrischen können, diese Woche eingeläutet.
Banges Warten
Seine Schule musste seit Mitte März komplett auf Distanzunterricht umstellen. Jetzt können die Schülerinnen und Schüler wieder in die Schule kommen, müssen aber auch im Unterricht Masken tragen. Der offizielle Schulunterricht werde pünktlich am 10. August beginnen – auch mit weniger Lehrpersonen, sagt Schulleiter Dörig über Whatsapp: «Wir sind schon länger daran, die Papiere immer wieder einzureichen und zu schauen, was es für neue Anforderungen gibt.»
Erste Zusagen von den thailändischen Botschaften im jeweiligen Land seien schon da. «Wir sind guter Dinge, dass die ersten Lehrpersonen in den nächsten Tagen einfliegen können. Aber man muss davon ausgehen, dass nicht alle in drei Wochen hier sein werden», sagt Dörig.
Seit Anfang Juli erlaubt die thailändische Regierung gewissen Personen die Einreise wieder. Dazu gehören auch Ausländer mit Arbeitsvisum und deren Familien, Diplomaten, Studenten oder Medizintouristen. Praktisch sieht die Situation sehr viel komplizierter aus. Zurzeit gibt es keine kommerziellen Flüge nach Thailand, sondern nur Rückführungsflüge, die von den thailändischen Behörden organisiert werden. Ihre Zahl ist beschränkt, die Warteliste lang.
Meier hat seit vergangenem Freitag wieder Hoffnung geschöpft. Die thailändische Botschaft hatte ihm mitgeteilt, dass seine Familie einen Platz auf einem Rückführungsflug bekommen werde – irgendwann in den kommenden vier Wochen. Nun wartet die Familie jeden Tag auf den Anruf der Botschaft.
Vorfreude ist geblieben
Trotz aller Schwierigkeiten zweifelt der Lehrer auch heute nicht daran, die richtige Entscheidung gefällt zu haben. Es gebe immer Leute, die gesagt hätten, dass es ein Risiko sei, nach Thailand zu gehen. «Die fühlen sich jetzt bestätigt. Aber auch wenn es schwierig ist: Es geht. Wir freuen uns darauf und wir brauchen jetzt einfach dieses Abenteuer.»
Die Spiele und Kinder-Malbücher für die langen Stunden in der zweiwöchigen Hotel-Quarantäne sind bereits eingepackt. Die Flasche hochprozentigen Appenzeller, die Meier von seinen Schülern zum Abschied geschenkt bekommen hat, auch.