Zum Inhalt springen
Audio
Vielfältige Cyberbedrohung an olympischen Spielen
Aus Echo der Zeit vom 25.07.2024. Bild: KEYSTONE/Laurent Gillieron
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 13 Sekunden.

Sicherheit an der Olympia 2024 Paris bereitet sich auf vier Milliarden Hackerangriffe vor

Dass die Angriffe kommen, ist sicher. Experten rechnen mit rund vier Milliarden Cyberattacken – zehnmal mehr als in Tokyo 2021. Wie bereitet man sich darauf vor?

Die Olympischen Spiele sind ein Medienspektakel und ein politisches und wirtschaftliches Grossereignis. Die Erfahrung zeigt: Solche Grossanlässe ziehen Gauner an, auch im Cyberbereich - Betrüger und Diebe, die hinter Geld her sind, ideologisch motivierte Hacktivisten, Hacker feindlich gesinnter Staaten und Spione.

Womit ist zu rechnen?

Im Fadenkreuz steht nicht nur die Infrastruktur des Anlasses – Ticketsysteme oder Computer, die Zeiten messen oder Resultate berechnen. Ganz Paris steht im Fokus: Wer die Spiele sabotieren will, könnte etwa die Metro oder die Stromversorgung lahmlegen. Hacker mit weniger Mittel könnten Webseiten ausschalten.

Olympische Spiele im digitalen Fadenkreuz

Box aufklappen Box zuklappen

An den Spielen 2017 in Rio hat eine russische Hackergruppe medizinische Dokumente von US-Athleten wie Serena Williams und Simone Biles gestohlen und veröffentlicht.

An den Winterspielen 2018 in Südkorea haben Russen, getarnt als nordkoreanische Hacker, die Eröffnungszeremonie sabotiert: Die Fernsehübertragung und das Ticketsystem wurden gestört.

Der Event in Tokyo 2021 blieb zum Glück vom Schlimmsten verschont: Sogenannte «Wiper», die die Computersysteme hätten zerstören sollen, wurden am Vorabend der Eröffnungsfeier entdeckt und unschädlich gemacht.

Das sind bloss die aufsehenerregendsten Angriffe. Daneben finden unzählige kleinere Cyberattacken statt. Bei diesen zeigt sich ein klarer Trend: In Tokyo gab es mehr als doppelt so viele Hackerangriffe als noch zehn Jahre zuvor in London. Für Paris 2024 wird nochmals eine deutliche Zunahme erwartet: Von acht- bis zehnmal mehr als in Tokyo ist die Rede, das wären bis zu 4.5 Milliarden Angriffe insgesamt.

Wer Frankreich schaden möchte, kann auch den indirekten Weg über Desinformation wählen und so den Ruf des Landes schädigen oder Proteste auslösen. Fake News gab es schon lange vor den Spielen, zum Beispiel die Nachricht, in Paris wüte eine Bettwanzenepidemie. Oder ein Deepfake-Video mit Tom Cruise, der olympische Funktionäre anschwärzt.

Screenshot von zwei Webseiten, die nicht erreichbar sind. Darunter ist ein Comicbär in Militäruniform gezeichnet.
Legende: Hacktivisten nahmen im Juni französische Webseiten offline Als «Hacktivisten» bezeichnet man Privatpersonen, die aus ideologischen Gründen Hackerangriffe durchführen. An den Olympischen Spielen ist mit Aktionen bezüglich Klima und Palästina zu rechnen. Auch Attacken vom Staat mehr oder weniger unabhängiger prorussischer Gruppen wie Noname (Bild) oder Killnet werden erwartet. NoName057(16) / Telegram

Kriminelle könnten Firmen angreifen, ihre Daten verschlüsseln und sie erpressen. Oder sie könnten auf die Besucher abzielen: Zum Beispiel via Phishing oder indem sie gefälschte Tickets verkaufen.

Grüsse aus Moskau

Bei den finanziell motivierten Hackern ist klar: Kriminelle aus der ganzen Welt werden sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen.

Bei den politisch motivierten Angriffen liegt der Fokus vor allem auf einem Staat: Russland. Die russischen Athleten dürfen auch dieses Jahr nicht unter russischer Flagge starten. Und Russland ist Frankreich gegenüber nicht gerade freundlich gestimmt wegen dessen Hilfe für die Ukraine.

Russland hat nicht viel zu verlieren.
Autor: Michael Daniel Präsident und CEO der Cyber Threat Alliance

Die Frage unter Experten ist weniger, ob Russland einen Hackerangriff plant, sondern in welchem Ausmass. Der Präsident der Cyber Threat Alliance Michael Daniel zum Beispiel meint: «Russland hat nicht viel zu verlieren.» Cyberwar-Professor Greg Austin rechnet mit Infrastruktursabotage: «Russland wird französische Transport- und Energiesysteme angreifen.» Russlandexperte Mark Galeotti hingegen erwartet vor allem «dumme, kleinliche» Aktionen, mit denen Moskau zeigen will: «Wir können jederzeit mit allem interferieren.»

Frankreich ist bereit

«Wir stehen in den Startblöcken», versichert das ANSSI, die französische Behörde für Cybersicherheit, auf ihrer Webseite. Seit zwei Jahren bereitet sie sich auf diesen Moment vor.

BMX-Fahrer hält die goldene olympische Flamme hoch, mit Blick auf den Eiffelturm
Legende: Die olympische Flamme hat Paris am 14. Juli ohne Zwischenfälle erreicht. Der nächste kritische Punkt für Cybersabotage ist die Eröffnungszeremonie am Freitag, 26. Juli. IMAGO / ABACAPRESS

Es gilt, alle Organisationen rund um die Olympischen Spiele digital abzusichern. Dazu zählen nicht nur jene, die direkt am Event beteiligt sind, sondern auch ÖV-Betriebe, Spitäler, Strom- und Wasserwerke, Medien und Bezirksverwaltungen. Rund 500 Organisationen hat das ANSSI im Vorfeld der Spiele überprüft und dabei unterstützt, allfällige Sicherheitslücken zu schliessen.

Bereit für den Ernstfall

Box aufklappen Box zuklappen
Legende: imago images

Einen hundertprozentigen Schutz gegen Cyberrisiken gibt es nicht. Die Vorbereitung auf einen Vorfall ist deshalb ebenso wichtig wie die Prävention.

Die Pariser Spitäler zum Beispiel halten ein Notfallpaket bereit mit Ersatzcomputern und -druckern und neuen Passwörtern. Sollten ihre Systeme von Ransomware lahmgelegt werden, wollen sie möglichst rasch wieder funktionstüchtig sein.

Mit einem «Übungskit», einer Art Spiel oder Simulation, konnten Firmen den Ernstfall proben: Wer kontaktiert wen wie? Wer entscheidet was? Wo sind unsere Checklisten?

Zudem hat das ANSSI ein System installiert, das alle Endpunkte überwachen und dank KI Unregelmässigkeiten sofort erkennen soll. Während der Spiele wachen Spezialisten vor Ort und an einem zentralen Hub über die digitale Sicherheit. Der Standort und die Details rund um diesen Hub sind geheim. Sicher ist nur: Das werden nicht nur für die Sportler und Sportlerinnen, sondern auch für die Cybersicherheitsleute intensive Wochen.

Echo der Zeit, 25.7.2024, 18:00 Uhr

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel