- Erneut sind in Hongkong hunderttausende Menschen auf die Strasse gegangen.
- Die Veranstalter sprechen von rund 1.7 Millionen Menschen. Das wären so viele wie seit Wochen nicht.
- Die Proteste richten sich vor allem gegen den Pekinger Einfluss auf die Sonderverwaltungszone. Die Demonstration blieb laut Angaben von Beobachtern friedlich.
Bei der zentralen Kundgebung in der Innenstadt der ehemaligen britischen Kolonie war der Victoria-Park am Sonntag bis auf den letzten Platz gefüllt. Auch auf den Strassen rundum war kaum noch ein Durchkommen. Die Menschen liessen sich auch von heftigem Regen nicht davon abbringen, lautstark Freiheit und Demokratie zu verlangen.
Zu der Kundgebung hatte das Bündnis Civil Human Rights Front aufgerufen, das mit früheren Protesten bereits Pläne der prochinesischen Stadtregierung für ein Auslieferungsgesetz gestoppt hatte. Inzwischen richtet sich der Protest zunehmend gegen Peking direkt. Hongkong gehört seit dem Abzug der Briten 1997 wieder zu China. Als Sonderverwaltungszone hat es eigentlich noch bis 2047 umfangreiche Sonderrechte garantiert. Viele fürchten nun darum.
Die Demonstration galt als Gradmesser, welchen Rückhalt die Protestbewegung in der 7.5 Millionen-Einwohner-Stadt noch hat. Vergangene Woche war sie wegen Prügelszenen auf Hongkongs Flughafen, wo Demonstranten auf einen chinesischen Reporter losgingen, in die Kritik geraten.
Getragen wird die Bewegung vor allem von jüngeren Leuten. Der Grossteil der Demonstranten war auch am Sonntag - wie bereits bei einem Marsch von Zehntausenden am Tag zuvor - unter 30 Jahre alt. Aus Angst vor Krawallen blieben viele Geschäfte geschlossen. Marsch und Kundgebung verliefen jedoch friedlich. In einem Park versammelten sich am Samstag auch mehrere Tausend prochinesische Gegendemonstranten. Die Polizei sprach sogar von mehr als 100 000 Teilnehmern. Daran gibt es jedoch grosse Zweifel.
Die Europäische Union mahnte beide Seiten zum Dialog. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini sagte: «Es ist entscheidend, dass Zurückhaltung geübt, Gewalt abgelehnt, und dringende Schritte zur Deeskalation der Situation unternommen werden.» Aus der Protestbewegung gibt es auch Stimmen, die vom Westen verlangen, mehr für die Sicherung von demokratischen Grundrechten in Hongkong zu tun.