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Ein historisches Debakel für die US-Republikaner
Aus Tagesschau vom 04.01.2023.
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Speaker US-Repräsentantenhaus Ein heiss begehrter Stuhl in den USA – der nur selten wackelt

Mit Kevin McCarthy hat es der republikanische Kronfavorit bislang nicht wie erwartet ins Speaker-Amt geschafft. Seine Partei scheint zu zerstritten. Doch wie war das früher?

Darum geht es: Alle zwei Jahre wird die grosse Kammer des US-Parlaments neu zusammengesetzt. Mit dem neuen Jahr ist zum ersten Mal der 118. Kongress zusammengekommen. Erstes Prozedere ist jeweils die Wahl eines Vorstehers oder einer Vorsteherin («Speaker»). Bleibt eine Partei in der Mehrheit, kommt es für gewöhnlich auch nicht zum Speaker-Wechsel. Hat die Wählergunst gedreht, findet ein parteiinterner Wahlkampf statt, an dessen Ende sich meist ein Favorit oder eine Favoritin herauskristallisiert.

Wie oft kommt es zu mehreren Wahlgängen? Selten. Bislang war das nur 14 Mal der Fall. Das letzte Mal war dies vor genau 100 Jahren so. 1923 wurde der republikanische Abgeordnete Frederick Gillet aus Massachusetts erst nach neun Wahlgängen gewählt. Er musste einen parteiinternen Wettkampf mit dem progressiven Flügel der Partei bestehen.

Zwischen 1839 und dem amerikanischen Bürgerkrieg 1863 wechselten sich Demokraten und Republikaner quasi im Zweijahresrhythmus ab. Auch innerhalb der Parteien kam es zu Flügelkämpfen. Historisch einmalig war die Wahl 1856, als sich das zwischen Befürwortern und Gegnern der Sklaverei zerstrittene Parlament während rund zwei Monaten nicht auf einen Speaker einigen konnte. Ganze 133 (!) Mal musste abgestimmt werden. Seit 1856 ist es nur noch zweimal zu mehreren Wahlgängen gekommen.

Wie viel Macht hat ein Speaker? Im Verlauf der letzten 200 Jahre ist das Amt immer wichtiger geworden. Der gesteigerte Stellenwert ist einhergegangen mit einem Bedeutungszuwachs der Parteien. Während Kongressabgeordnete in den ersten 100 Jahren der US-Geschichte eher regionale Anliegen vertraten, wurde im Fortlauf der Geschichte die Parteizugehörigkeit immer wichtiger. Im Schnitt sind die Speaker-Amtszeiten auch länger geworden. Ein besonderes Bonmot gab einst der Vizepräsident von Franklin D. Roosevelt zu Protokoll, der zuvor Speaker war: «Ich habe die zweitwichtigste Stelle im Land aufgegeben, um FDRs gottverdammter Ersatzreifen zu sein», so John Garner.

Diese Speaker muss man kennen: Wie erfolgreich die Amtszeit eines Speakers ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein positives Verhältnis zum aktuellen Bewohner des Weissen Hauses hilft jedoch. Das zeigte sich exemplarisch in den 1980er-Jahren. Die Amtszeiten des demokratischen Speakers Tip O’Neil und des republikanischen Präsidenten, Ronald Reagan, deckten sich nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich.

Weniger harmonisch ging es im darauffolgenden Jahrzehnt zu und her, als die Republikaner die Mehrheit wieder an sich rissen. Der neue Speaker Newt Gingrich trimmte seine Partei auf einen Konfrontationskurs mit dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton. Bis heute gilt diese Zeit als Geburtsstunde der starken Polarisierung im US-System.

Nur einmal wurde ein Speaker später auch Präsident: James Polk im Jahr 1845. Nancy Pelosi ist bislang die einzige Frau in der Rolle. Die jüngst abgetretene Demokratin aus Kalifornien durfte den berühmten Speaker-Hammer aber relativ lange schwingen. In zwei getrennten Amtsperioden schaffte sie es insgesamt auf acht Jahre. Nur vier Speaker waren länger im Amt. Unübertroffen dürfte wohl der Demokrat Sam Rayburn bleiben. Der Texaner amtete zwischen 1940 und 1970 insgesamt 17 Jahre lang.

Donald Trump unterstützt Kevin McCarthy

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Legende: Donald Trump zusammen mit Kevin McCarthy im Jahr 2018. REUTERS/Kevin Lamarque/File Photo

Der frühere Präsident hat sich in die Debatte um den Speaker-Posten eingeschaltet. Auf der von ihm mitbegründeten Social-Media-Plattform Truth Social ruft Trump seine Parteikollegen in der Parlamentskammer auf, Kevin McCarthy auf den einflussreichen Chefposten zu wählen.

«Gestern Abend fanden einige wirklich gute Gespräche statt, und jetzt ist es an der Zeit, dass alle unsere grossartigen republikanischen Abgeordneten für Kevin stimmen», schrieb Trump. Er appellierte an seine Parteikollegen: «Verwandelt einen grossen Triumph nicht in eine riesige und peinliche Niederlage.» McCarthy werde einen guten Job machen, «und vielleicht sogar einen grossartigen».

Tagesschau, 03.01.23, 19:30 Uhr

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