- Im 15. Durchgang für die Wahl des Vorsitzenden im US-Repräsentantenhaus hat Kevin McCarthy eine Mehrheit erreicht.
- Bei der Abstimmung in der Nacht auf Samstag (Ortszeit) erreichte McCarthy 216 Stimmen, Hakeem Jeffries 212. Das Ergebnis wurde formell bestätigt.
- Die parteiinterne Rebellion gegen McCarthy hatte das Repräsentantenhaus über Tage gelähmt und ins Chaos gestürzt.
Nach einem unerbittlichen parteiinternen Machtkampf ist der Republikaner Kevin McCarthy der neue Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses. Der 57-Jährige wurde auf den mächtigen Posten gewählt, nachdem ihm diverse Parteikollegen in den vorherigen Durchgängen die Gefolgschaft verweigert hatten und er die nötige Mehrheit deshalb immer wieder verfehlt hatte.
McCarthy ist damit die neue Nummer drei der staatlichen Rangfolge nach dem US-Präsidenten und dessen Vize und folgt in dem mächtigen Amt auf die Demokratin Nancy Pelosi.
Nach den Parlamentswahlen im November war der Kongress bereits am Dienstag erstmals in neuer Konstellation zusammengekommen. Die Republikaner übernahmen die Kontrolle im Repräsentantenhaus – im Senat haben die Demokraten von Präsident Joe Biden weiter eine knappe Mehrheit.
Eigentlich hätte das Repräsentantenhaus bereits am Dienstag zum Auftakt einen neuen Vorsitzenden bestimmen sollen. Die innerparteiliche Rebellion gegen McCarthy zog die Abläufe aber dramatisch in die Länge.
Eigentlich eine Formalie
Üblicherweise ist die Wahl zum Vorsitzenden der Kongresskammer eine Formalie. Doch mehrere Parteikollegen vom Rechtsaussen-Flügel der Fraktion lehnten sich gegen McCarthy auf und verweigerten ihm ihre Unterstützung. Angesichts einer nur knappen Mehrheit der Republikaner in der Kammer schaffte es McCarthy daher in diversen Wahlgängen nicht, auf ausreichend Stimmen zu kommen.
Es war eine Demütigung von historischem Ausmass für den Republikaner: Seit dem 19. Jahrhundert haben die Abgeordneten im Repräsentantenhaus nicht mehr so viele Anläufe gebraucht, um einen neuen Vorsitzenden zu wählen wie diesmal. Mehr Wahlgänge gab es zuletzt nur 1859/1860.
Damals wurde der Republikaner William Pennington erst im 44. Wahlgang zum Vorsitzenden der Kongresskammer gewählt. Das Prozedere dauerte damals mehrere Wochen. In McCarthys Fall zog sich der Abstimmungsmarathon nun über vier Tage hin.
Mehrheiten schwierig
Schon der harte Widerstand einiger Parteikollegen in den Wochen vor der Wahl war eine öffentliche Blossstellung für ihn. Daher geht McCarthy auch trotz der am Ende erfolgreichen Wahl geschwächt ins Amt und muss sich in den kommenden Jahren auf grosse Schwierigkeiten einstellen bei der Organisation von Mehrheiten in der Kongresskammer.
McCarthy hatte über Wochen gegen die Rebellion in den eigenen Reihen angekämpft und seinen Gegnern allerlei Zugeständnisse angeboten, um sie zu besänftigen. Doch sie liessen sich den Showdown im Plenum nicht nehmen. Der 57-Jährige musste noch weitere Zugeständnisse machen, um seine Gegner hinter sich zu vereinen. Erst dann konnte er das Blatt wenden und ausreichend Parteikollegen umstimmen.
Republikaner zerrissen
Die Republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus ist wie die gesamte Partei zerrissen zwischen rechtsgerichteten Anhängern des Ex-Präsidenten Donald Trump und moderateren Parteimitgliedern.
Angesichts der nur knappen Mehrheit musste McCarthy die verschiedenen Flügel hinter sich vereinen und selbst Mitglieder vom äussersten Rand seiner Fraktion für sich gewinnen, um Vorsitzender zu werden.