- Südkoreas suspendierter Präsident Yoon Suk Yeol ist wegen der kurzzeitigen Verhängung des Kriegsrechts in der Hauptstadt Seoul festgenommen worden.
- Polizisten und Ermittler der Antikorruptionsbehörde (CIO) führten Yoon in seinem Wohnsitz ab, um ihn zur Staatsanwaltschaft zu bringen.
- Beim darauffolgenden Verhör verweigerte Yoon die Aussage.
Seit Dezember hatte sich Yoon in seinem Präsidentenwohnsitz verbarrikadiert, wo ihn hohe Mauern, Stacheldrahtzaun und sein Sicherheitsdienst vor einer Verhaftung schützten. Zudem waren massenweise Unterstützerinnen und Unterstützer auf die Strasse gegangen, um sich für ihn einzusetzen.
Nun verliess ein Konvoi schwarzer Geländewagen begleitet von einer Polizeieskorte das präsidiale Anwesen im Zentrum von Seoul. Danach begann die Vernehmung Yoons durch die Ermittelnden, wie die amtliche Nachrichtenagentur Yonhap berichtete.
Die Antikorruptionsbehörde ermittelt zum Vorwurf, der 64-Jährige, der Anfang Dezember kurzzeitig das Kriegsrecht verhängt hatte, habe sich mit seinem Vorgehen des Aufruhrs und Machtmissbrauchs schuldig gemacht.
Yoon machte während seiner Befragung bei der CIO bisher keine Aussagen. «Präsident Yoon hat von seinem Recht zu schweigen Gebrauch gemacht», wird ein Mitarbeiter der Antikorruptionsbehörde in den Medien zitiert.
Fast zeitgleich liess der 64-jährige Politiker auf Facebook einen handgeschriebenen Brief veröffentlichen. Darin verteidigt Yoon Suk Yeol weiterhin sein kontroverses Vorgehen. «Das Kriegsrecht ist kein Verbrechen. Es ist eine Ausübung der Autorität des Präsidenten zur Bewältigung einer nationalen Krise», heisst es in der Botschaft.
In einer vor seiner Festnahme aufgenommenen Videobotschaft bezeichnete Yoon die Ermittlungen gegen ihn als illegal. Er habe sich dennoch entschieden, einer Befragung durch die Antikorruptionsbehörde zuzustimmen, um gewalttätige Auseinandersetzungen zu vermeiden. Zudem behauptete er, der Rechtsstaat in Südkorea sei faktisch komplett zusammengebrochen.
Opposition bezeichnet Yoon als «Schwerverbrecher»
Der Fraktionsvorsitzende der grössten Oppositionspartei, Park Chan Dae, bezeichnete Yoons Festnahme hingegen als «ersten Schritt» zur Wiederherstellung der verfassungsmässigen Ordnung und Rechtsstaatlichkeit im Land, wie Yonhap berichtete. Den suspendierten Präsidenten bezeichnete Park demnach als «Schwerverbrecher».
Es ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass ein formell amtierender Präsident Südkoreas in dieser Form zur Rechenschaft gezogen wird.
Neben den Ermittlungen der Antikorruptionsbehörde läuft auch ein Amtsenthebungsverfahren gegen Yoon beim Verfassungsgericht. Nachdem er bei der ersten Anhörung am Dienstag nicht vor Gericht erschienen war, wurde der nächste Prozesstermin auf Donnerstag vertagt.
Kriegsrecht als Mittel zum Schutz der Demokratie?
Yoon hatte am 3. Dezember 2024 völlig überraschend im Zuge eines Haushaltsstreits mit der Opposition kurzzeitig das Kriegsrecht ausgerufen – ein Schritt, den er wenige Stunden später auf grossen Druck hin wieder zurücknahm – und das demokratische Land damit in eine Staatskrise gestürzt.
Yoon verteidigte die Verhängung des Kriegsrechts bis zuletzt als legitimes Mittel zum Schutz der Demokratie. Die Opposition bezeichnete der suspendierte Präsident als Ansammlung «staatsfeindlicher Kräfte», die die verfassungsmässige Ordnung des Landes stören und den Staat in seinen grundlegenden Funktionen lähmen würden.