Im Machtkampf zwischen CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik stehen die Zeichen weiter auf Konfrontation. Die CSU dringt bis Montag auf eine Entscheidung, andernfalls droht Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit einem Alleingang. Das aber wäre «das Ende dieser Regierung Merkel», wie SRF-Deutschland-Korrespondent Peter Voegeli sagt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihrerseits will sich mit den europäischen Partnern absprechen und in den kommenden zwei Wochen eine Lösung auf europäischer Ebene suchen. Grund für den Druck von CSU-Seite und die daraus entstandene plötzliche Eskalation ist die AfD, welche die absolute Mehrheit der CSU in Bayern bei den kommenden Landtagswahlen im Herbst bedroht.
Ex-Finanzminister Schäuble soll vermitteln
Nach deutschen Medienberichten soll die CDU-Spitze nun den Bundestagspräsidenten und früheren Finanzminister Wolfgang Schäuble darum gebeten haben, mit der CSU eine Kompromisslinie auszuloten. Schäuble hat in der Flüchtlingspolitik gegenüber der Haltung Merkels stets eine kritische Haltung eingenommen und geniesst sowohl auf Seiten der CDU wie auf jener der CSU Glaubwürdigkeit.
Flüchtlinge schon an der Grenze abweisen?
Seit Tagen streiten CDU und CSU darüber, ob Asylbewerbern ohne Papiere und solchen, die bereits in anderen EU-Ländern als Asylbewerber registriert sind, direkt an der deutschen Grenze die Einreise verboten werden soll. Die CSU will diese Menschen künftig abweisen, Merkel lehnt eine solche Praxis ab.
Lediglich bei der Zurückweisung von Personen, deren Asylantrag in Deutschland bereits einmal abgelehnt wurde, signalisierte das CDU-Präsidium am Donnerstag Kompromissbereitschaft: Diese sollen bei einem zweiten Versuch der Einreise sofort zurückgewiesen werden. Das betrifft allerdings nur sehr wenige Menschen.
SPD sowieso gegen eine Praxis-Verschärfung
Der Koalitionspartner von CDU/CSU, die Sozialdemokraten von der SPD betrachten die Entwicklung mit Sorge. Justizministerin Katarina Barley warnte vor einer schweren Koalitionskrise und betonte, dass ihre Partei dabei nicht über die mit der Union vereinbarten Punkte hinausgehen werde – eine Abweisung an der Grenze kommt für die SPD also nicht infrage. SPD-Vizepräsidentin Malu Dreyer nannte das Verhalten der CSU «menschlich gesehen wirklich unterirdisch».