Allein in Sanliurfa, einer türkischen Stadt unweit der Grenze zu Syrien leben gegen 300'000 syrische Flüchtlinge. Es sind Menschen, die von der Türkei nach Abschluss der Militäraktion in die neugeschaffene «Sicherheitszone» umgesiedelt werden sollen. Ein Besuch in Sanliurfa zeigt: Es dürfte ein schwieriges Unterfangen werden, sie zu einer erneuten Umsiedlung zu bewegen.
Harte Arbeit auf den Baumwollfeldern
Zehn Stunden am Tag pflücken sie in mühsamer Handarbeit, die syrischen Flüchtlinge, die als Tagelöhner auf den Baumwollfeldern arbeiten. Für jedes Kilogramm der federleichten Roh-Wolle erhalten sie gerade einmal 50 Rappen. Immer an der Seite der Arbeiter und Arbeiterinnen: ihre Kinder. Sie sind in der Türkei geboren und sollen jetzt mit ihren Eltern wieder zurück nach Syrien.
Dorthin zurück gehen wir nur, wenn die Lage wirklich wieder ganz befriedet ist. Solange wollen wir hier in der Türkei bleiben – hier fühlen wir uns sicherer.
Nassir Ali, ein syrischer Flüchtling auf dem Baumwollfeld bringt auf den Punkt, was seine Landsleute und er davon halten: «Dorthin zurück gehen wir nur, wenn die Lage wirklich wieder ganz befriedet ist. Solange wollen wir hier in der Türkei bleiben – hier fühlen wir uns sicherer.»
Arabische Schriftzüge nicht erwünscht
Allein in der Stadt Sanliurfa mit fast zwei Millionen Einwohnern gibt es mittlerweile ganze syrische Quartiere. Araber leben neben Kurden und Türken – auch wenn jetzt viele arabische Schriftzüge wieder verschwinden. Die Stadtverwaltung verhängt nämlich Strafen, wenn die Geschäfte nicht in türkischer Sprache Werbung machen. Man spürt, dass es mit der Integration der Syrer harzt.
So viele Tote, so viele Verletzte, soviel Zerstörung – das haben wir Syrer wirklich satt.
Dazu kommt: viele Syrer sehen im neuen Grenzkonflikt keine Lösung. Abdullah El-Gadab klagt: «Was hier jetzt wieder passiert, ist schlimm. So viele Tote, so viele Verletzte, soviel Zerstörung – das haben wir Syrer wirklich satt. Wir selbst haben in den letzten zehn Jahren so viel Schlimmes erlebt, Angehörige verloren, wir mussten fliehen. Das darf sich jetzt nicht wiederholen.»
In der türkischen Backstube lebt der Nationalismus
Beim Besuch beim türkischen Bäcker Ahmet Kaya in Sanliurfa tönt es ganz anders. Der Bäcker sagt: «Mittlerweile bin ich hier von Syrern umzingelt. Deshalb hängt bei mir die türkische Fahne. Die sollen sehen, dass wir für unsere Nation auch sterben!»
Mittlerweile bin ich hier von Syrern umzingelt.
Seine Backwaren sind auf alle Fälle sowohl bei Türken als auch bei Syrern beliebt. Doch die Liebe geht im türkisch-syrischen Grenzgebiet leider nicht durch den Magen.