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Terrorismus in Mosambik Mysteriöse Attacken im Schmugglerparadies

Seit zwei Jahren wird die rohstoffreiche Provinz Cabo Delgado von Anschlägen heimgesucht. Doch es ist unklar, wer dahintersteckt.

Der junge Mann will seinen Namen nicht nennen. Er sitzt in der Dunkelheit in einem Auto, mein Mikrofon steckt unter einer Decke, damit man das helle Display nicht sieht. Nur so ist der Mann überhaupt bereit, über seine Erlebnisse zu sprechen. «Sie kamen mit Waffen. Sie haben alle Häuser niedergebrannt, das ganze Dorf zerstört.»

Genaue Zahlen zu den Anschlägen gibt es nicht. Laut der UNO waren es mehr als 200. Mindestens 60'000 Personen mussten fliehen. Rund 300 wurden getötet, zum Teil geköpft. Wer steckt dahinter? «Wir wissen es nicht. Wer solche Dinge tut, ist ein Bandit».

Keine identifizierbare Gruppe

Die betroffene Bevölkerung in Cabo Delgado ist verängstigt. Wobei die Angst vor den Terroristen ebenso gross ist, wie diejenige vor dem Staat. Die Sicherheitskräfte reagierten hart und teilweise willkürlich auf die Aufständischen. Sie verhafteten und töteten Verdächtige. Doch bis heute ist nicht eindeutig klar, wer die Drahtzieher sind. Und das mache das Phänomen so mysteriös, meint Soziologe João Feijó. Er forscht zur Thematik.

Es gibt keine klar identifizierbare Gruppe, mit einem Sprecher, die die Anschläge für sich beansprucht.
Autor: João Feijó Soziologe

«Es gibt keine klar identifizierbare Gruppe, mit einem Sprecher, die die Anschläge für sich beansprucht.» Zwar hat die Terrormiliz IS sich zu einigen Anschlägen bekannt. Aber diese Verbindung wird von Beobachtern bezweifelt. Klar ist: Es gibt einen radikal-islamischen Flügel im muslimisch geprägten Cabo Delgado. Doch es sei wichtig zu verstehen, dass die Anschläge mit dem immensen Rohstoffreichtum in der historisch bitterarmen und vernachlässigten Provinz zusammenhingen, sagt der Soziologe.

Reichtum, von dem niemand profitiert

In Cabo Delgado gibt es Edelsteine, Holz, Elfenbein und vor wenigen Jahren wurde eines der grössten Gasfelder der Welt vor der Küste entdeckt. Ein Milliardengeschäft. «Den Leuten in Cabo Delgado wurde so viel versprochen. Aber bis jetzt haben die wenigsten von diesem Reichtum profitiert. Und gerade bei den Jungen führt das zu grosser Frustration.» Dies habe sicher zur Radikalisierung beigetragen.

Schöner Sandstrand mit Menschen und Palmen.
Legende: Cabo Delgado an der Nordküste Mosambiks besitzt nicht nur schöne Strände, sondern auch immense Rohstoffvorkommen. SRF/Anna Lemmenmeier

Doch wie auch andere Beobachter glaubt João Feijó, dass es sich nicht mehr um ein rein radikal-islamisches Phänomen handle. Zu viele Akteure gibt es im rohstoffreichen Schmugglergebiet, die von der Instabilität profitierten. Das ruft viele Spekulationen hervor: Schüren gewisse Gruppierungen die Gewalt aktiv oder tun zumindest nicht genug dagegen? Die Regierung – damit sie die Bewohner einfacher vom rohstoffreichen Land vertreiben kann? Oder die privaten Sicherheitsfirmen, die teure Sicherheitslösungen anbieten?

Verbindung zum Drogenhandel?

Zudem ist Cabo Delgado seit Jahren einer der wichtigsten Durchgangsposten im Drogenschmuggel. Heroin gelangt von Südasien via die ostafrikanische Küste nach Europa. Im Fall von Mosambik ist der Drogenschmuggel eng mit der Elite der Regierungspartei Frelimo verknüpft. Sie regiert Mosambik seit 44 Jahren. Es ist gut möglich, dass auch das organisierte Verbrechen von den Anschlägen profitiert – Instabilität schützt Schmuggelrouten. Doch keine dieser Theorien lässt sich bestätigen.

Es ist aber naheliegend, dass die enge Verbindung der politischen Elite zum Drogenhandel dazu beigetragen hat, dass die Regierung den Zugang zur Region beschränkt und die Berichterstattung über die Anschläge behindert. Das führt dazu, dass auch zwei Jahre nach Beginn der Attacken in Cabo Delgado wenig bekannt ist über die Drahtzieher und Motive hinter der Gewalt.

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