Darum geht es: Fast 13'500 Waldbrände sind in der ersten Jahreshälfte im Amazonasgebiet in Brasilien registriert worden. Das sind so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr, wie Satellitendaten des brasilianischen Weltraum-Forschungsinstituts zeigen. Einer der Gründe für den Anstieg ist laut Expertinnen und Experten die Dürre im Regenwald. Doch dahinter steckt noch mehr.
Die Gründe für die Waldbrände: Im Regenwald ist es aktuell sehr trocken und heiss. Laut Sonia Seneviratne, Professorin am Institut für Atmosphäre und Klima an der ETH Zürich, ist dies eine gefährliche Kombination. Es besteht ein hohes Risiko für Waldbrände. Ein Grund für diese Trockenheit sei das Wetterphänomen El Niño: «Bereits vor einem Jahr gab es eine Phase der Trockenheit. Die Böden waren ausgetrocknet. Auch die Ozeane waren sehr warm.» Mit zunehmender Erwärmung steige das Risiko für eine weitere Trockenheit in diesem Gebiet.
So kommt es zur Dürre im Regenwald: Das El-Niño-Phänomen führt in regelmässigen Abständen dazu, dass es im Norden Südamerikas weniger regnet als im Süden. Hinzu kommt die Klimaerwärmung, insbesondere die ungewöhnliche Erwärmung der Wassertemperaturen im nördlichen Atlantik. Dadurch verschiebt sich die Wolken- und Regenbildung weg von den Tropen hin Richtung Norden. Ein dritter Grund ist die Abholzung. Bäume tragen viel zur Verdunstung des Wassers bei. Durch ihre Wurzeln ziehen sie Wasser aus dem Boden, das dann verdunstet – auch bei Dürre. Gibt es weniger Bäume, so kann weniger Wasser aus dem Boden verdunsten.
Die Auswirkungen: Besonders auf die Tier- und Pflanzenwelt hätten die Brände verheerende Folgen, sagt Seneviratne. Bereits bei der Dürre 2023 seien Hunderte von Süsswasserdelfinen im eigentlich wasserreichsten Fluss der Welt verendet. Die Regierung im Bundesstaat Amazonas rief damals den Notstand aus. Auch für die Menschen hatte die Dürre verheerende Auswirkungen: Sie fingen kaum noch Fische und die Transportwege über das Wasser funktionierten oft nicht mehr. Die Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten und Wasser wurde dadurch prekär.
Die weltweiten Folgen: Der Amazonas-Regenwald wird auch als die «grüne Lunge der Welt» bezeichnet, denn er spielt eine wichtige Rolle für das globale Klima, wie Seneviratne erklärt. Weltweit absorbieren Regenwälder fast 5 Milliarden Tonnen Kohlendioxid (CO₂) aus der Atmosphäre. «Wenn der Regenwald zu stark austrocknet, werden wir diese Funktion des Regenwalds nicht mehr haben. Das bedeutet, dass viel mehr CO₂ in der Atmosphäre bleiben und die globale Klimakrise verschärft würde.»
Seneviratne ist überzeugt, dass wir unsere Emissionen reduzieren müssen, um die globale Erwärmung zu stabilisieren. «Man macht zu wenig. Mit zunehmender Erwärmung besteht das Risiko, dass sich diese Ereignisse im Amazonas häufen und die globale Erwärmung noch mehr verstärkt wird.»