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Trumps Rede vor dem Kongress Der Präsident für halb Amerika

Kämpferisch, parteiisch, und diesmal so lang wie noch nie eine Rede an den Kongress oder die Nation: Donald Trumps Ansprache an den Kongress ist im Ton ähnlich wie seine Wahlkampfreden. Es ist eine gute Nacht für den US-Präsidenten und die Republikaner: Trump ist entspannt, teils witzig und auch emotional.

Es würde wie eine traditionelle Ansprache aussehen, wenn nicht ein Demokratischer Abgeordneter schon nach wenigen Minuten aus dem Saal geführt würde, weil er lautstark protestierte. Das Bild, wie die Hälfte im Saal, alle Demokraten, während der ganzen Ansprache sitzen bleiben, führt die Spaltung des Landes drastisch vor Augen. Die Demokraten und ungefähr die Hälfte des Landes sind schockiert und ohnmächtig zugleich, während die Republikaner feiern.

Es wird 22.45 Uhr Lokalzeit, bis Trump über die Ukraine spricht und wohlwollend die unterwürfige Nachricht des ukrainischen Präsidenten Selenski zitiert. Selenskis Versuch, die Wogen nach dem Eklat im Weissen Haus zu glätten, ist angekommen – doch Trump macht keine weiteren Angaben, wie es nun weitergeht.

So viel spricht Trump an – hier drei seiner zentralen Wahlkampfversprechen.

Immigration: Trump kann melden, dass die Grenzübertritte drastisch gesunken sind. Die Ausschaffungen sind allerdings weniger zahlreich als am Ende der Biden-Präsidentschaft. Was auch daran liegt, dass damals mehr Menschen über die Grenze kamen, die leicht zurückgeschickt werden konnten. Doch Trump hat hier noch einiges zu tun, um die versprochenen Millionen auszuschaffen.

Zölle: In seiner letzten Präsidentschaft wurde Trump von seinem Umfeld gebremst. Doch Trump glaubt tief an Zölle, als Einnahmequelle und als Mittel, um Jobs in die USA zu holen und die heimische Wirtschaft vor Konkurrenz zu schützen. Diesmal will er es durchziehen. Dass die Börse am selben Tag der Ankündigung von Zöllen tauchte, dass die Zuversicht der Kleinunternehmen sinkt und Grossverteiler höhere Preise ankündigen, erwähnt er nicht. Dies wird für Trump noch ein Knackpunkt. Trump behauptet zwar, er habe rekordhohe Zustimmung, doch seine Werte sind zuletzt gesunken, gerade bezüglich der Wirtschaft. Im Januar sind Konsumausgaben erstmals seit zwei Jahren gesunken. Die Stimmung der Konsumenten ebenfalls.

Teuerung: Dass die Eier teuer sind, daran sei Ex-Präsident Biden schuld, sagt Trump und verspricht, die Preise zu senken. Wie genau ist unklar. Auch dies wird eine Herausforderung für ihn.

Traditionelle Höflichkeiten sind passé

Neu im Vergleich zur ersten Amtszeit Trumps sind seine Expansionspläne: Den Panamakanal werden die USA zurückholen, und Grönland sei willkommen, «wir werden euch kriegen, auf die eine oder andere Weise.»

Kurz nachdem Trump noch das goldene Zeitalter versprochen hat, stürmen die Demokraten schon während des Schlussapplauses aus dem Saal. Das Zeitalter der traditionellen Höflichkeiten ist definitiv vorbei. Die Demokraten wurden von Trump als radikale linke Verrückte bezeichnet. Trump – er ist ein Präsident für halb Amerika.

Viviane Manz

USA-Korrespondentin

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Die promovierte Juristin arbeitet seit 2005 bei SRF. Seit Frühjahr 2021 ist Viviane Manz USA-Korrespondentin von SRF in New York.

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10vor10, 5.3.2025, 21:50 Uhr

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