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Weiche und harte Macht Hat die Soft Power mit Trump bald ausgedient?

Als Variante zur Zwangsmacht etabliere sich eine «postliberale» Soft Power, sagt Politikwissenschafter Hendrik Ohnesorge von der Universität Bonn.

Macht lässt sich auch ohne militärische Gewalt oder ökonomischem Zwang ausüben. Soft Power – weiche Macht – nennt sich das Konzept im Gegensatz zur Hard Power. Zur Soft Power gehört etwa der «American Way of Life» der USA seit dem Zweiten Weltkrieg. Hat das Konzept mit US-Präsident Donald Trump bis auf Weiteres ausgedient? Nur bedingt, sagt Politikwissenschafter Hendrik W. Ohnesorge von der Universität Bonn.

Hendrik W. Ohnesorge

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Der Politikwissenschafter Hendrik W. Ohnesorge lehrt an der Universität Bonn im Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie. Der Bereich «Soft Power» gehört zu seinen Forschungsschwergebieten.

SRF News: Was macht den Wert von Soft Power aus?

Hendrik Ohnesorge: Soft Power ist eine Macht wie jede andere auch, also die Fähigkeit, den eigenen Willen in einer sozialen Beziehung oder der internationalen Politik durchzusetzen. Als Variante hat Soft Power einen grossen Wert und ist nicht etwa nur ein nettes Beiwerk im Werkzeugkasten der Staaten.

Die USA finden mit ihrer Vorbildfunktion sehr schnell Nachahmer. Das zeigt etwa der Rückzug aus der WHO.

US-Präsident Trump stoppt Auslandshilfe, verhängt Zölle und fordert Gegenleistungen für die Ukraine-Hilfe. Demontiert er gerade die Soft Power?

Auf den ersten Blick kann man das auf jeden Fall so sehen. Unter Präsident Trump sind drei Entwicklungen festzustellen: erstens ein grundsätzliches Desinteresse von Trump an Soft Power und ein Verständnis von Macht als wirtschaftliche und militärische Zwangsmacht. Zweitens ein Verlust an Soft Power in den Augen der traditionellen Verbündeten der USA, sprich Westeuropa, aber auch Kanada als populäres Beispiel. Drittens stellt man in den USA zugleich eine andere Art von Soft Power fest: Eine «postliberale» Soft Power, in welcher die Vereinigten Staaten nach wie vor eine gewisse Vorbildfunktion haben und so andere Staaten anziehen und überzeugen können.

Welche Folgen hat die Umdeutung der USA für die Welt?

Die USA finden mit ihrer Vorbildfunktion sehr schnell Nachahmer. Das zeigt etwa der Rückzug aus der WHO als klassisches Beispiel, internationale Organisation zu verlassen und dem Multilateralismus eine Absage zu erteilen. Da hat etwa Argentinien sehr schnell nachgezogen und so könnte die «postliberale» Soft Power weiter Schule machen. Gleiches gilt für die Einstellung von USAID, der sich andere Staaten in nächster Zeit möglicherweise anschliessen. Es hängt noch davon ab, wie diese «postliberale» Soft Power wirklich Fuss fassen kann. Doch es gibt schon erste Ergebnisse dieses neuen Trends.

Soft Power ist nicht, war nie und wird nie die Lösung für alle Probleme sein.

Europa setzte jahrzehntelang auf Diplomatie und Partnerschaft. Braucht es mit dem Ukraine-Krieg also doch wieder Hard Power – und militärische Macht?

Absolut. Soft Power ist nicht, war nie und wird nie die Lösung für alle Probleme sein. Zugleich können aber viele Probleme in der heutigen Welt der Massenkommunikation und zunehmenden Verflechtung nicht ohne Soft Power gelöst werden. Militärische Stärke und wirtschaftliche Macht bleiben aber ganz wichtige Faktoren.

Donald Trump
Legende: US-Präsident Donald Trump hat in seiner kurzen zweiten Amtszeit schon mehrfach gezeigt, dass ihn Soft Power kaum interessiert. Keystone/AP Fulton County Sheriff's Office

Gerade Staaten, die traditionell auf Allianzen setzen, sind bei grossen Problemen stärker, wenn sie auch Soft Power einsetzen. Das gilt auch für die mächtigsten Staaten, wenn sie Partner brauchen. Zu denken ist etwa an den Klimawandel oder Pandemien, die nicht mit Zwangsmacht gelöst werden können. Es geht immer auch über multilaterale Zusammenarbeit, Kooperation, Überzeugungs- und Anziehungskraft. Vor diesem Hintergrund hat Soft Power im Grossmacht-Wettbewerb weiter an Bedeutung gewonnen und auf jeden Fall nicht verloren.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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Echo der Zeit. 03.03.2025, 18:00 Uhr ; 

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