Jüngstes Beispiel der türkischen Charmeoffensive in Afrika ist der türkische Staatssender TRT. Er hat im April einen lokalen Ableger gegründet. TRT Afrika verspricht, ein besseres Afrikabild zu zeigen – und nicht bloss über Kriege und Katastrophen zu berichten.
Der somalische Berater Abdinor Dahir sagt: TRT Afrika ist türkische Soft Power. «Die Medien sind ein Teil dieser Strategie. Wie auch die Religion; die Türkei baut Moscheen, um Herzen zu gewinnen.»
Erdogan baut Beziehungen aus
Ghanas Nationalmoschee wurde aus der Türkei geplant und finanziert. Im Gegenzug hat Ghana in Istanbul ein Konsulat eröffnet. Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und Afrika massiv ausgebaut.
Vor 20 Jahren gab es sieben türkische Botschaften südlich der Sahara – heute sind es über 40. Der Somalier Dahir konnte mit einem Stipendium in der Türkei studieren. Er arbeitete einst für TRT, leitet heute die Beratungsfirma Taloford Consulting Group und ist türkisch-somalischer Doppelbürger.
Afrika ist wichtiger Absatzmarkt
In erster Linie ist Afrika für die Türkei ein Absatzmarkt. In lokalen Supermärkten finden sich Biskuits und Kleider aus der Türkei. Und auch afrikanische Armeen kaufen bei den Türken, bestätigt Dahir: «Die türkische Verteidigungsindustrie wächst, sie verkauft hier auf dem Kontinent etwa Drohnen.»
Die türkische Verteidigungsindustrie verkauft hier in Afrika etwa Drohnen.
Türkische Drohnen kamen in Äthiopiens Tigray-Krieg zum Einsatz. Aber auch in Niger, in der Sahelzone. Die Militärpartnerschaft zwischen Niger und der Türkei stört Frankreich, das sich – zumindest bis vor Kurzem – als Beschützer der Sahelstaaten sah. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bezichtigte die Türkei gar des Imperialismus.
Fakt ist: Die Türkei fordert Frankreich in Westafrika heraus. Im Osten des Kontinents machen die Türken den Emiraten und Saudi-Arabien Konkurrenz, die wirtschaftlich und politisch Einfluss nehmen. Mit dem Afrika-Engagement unterstreicht die Türkei ihre geopolitischen Ambitionen.
Eine Alternative zu China und dem Westen
Ist das Land also der neue grosse Akteur auf dem Kontinent? Der somalische Berater Dahir winkt ab: «Die Türkei kann China oder den Westen derzeit wirtschaftlich nicht herausfordern. Die afrikanischen Staaten erhalten jedoch eine Alternative. Und in Zukunft könnte die Türkei schon wichtiger werden.»
Die afrikanischen Staaten erhalten mit der Türkei eine Alternative zum Westen und zu China.
Afrikas Staatsführer setzen auf einen Wahlsieg Erdogans. Herausforderer Kilicdaroglu betonte stets, die Türkei stärker gegen Westen ausrichten zu wollen. Was also würde eine Abwahl Erdogans für Afrika bedeuten?
Das zu beurteilen, sei noch zu früh, betont Dahir. «Im Wahlkampf wird vieles gefordert. Von der Opposition hat man gehört, die Türkei solle sich aus Afrika zurückziehen. Doch das würde beide Seiten schmerzen.»
Ob die Türkei für Afrika eine lohnende Alternative zum Westen oder China ist, muss sich zeigen. Der türkische Afrikasender TRT Afrika jedenfalls zeigt auf seiner Website genau das, was er westlichen Medien vorwirft: Kriege und Katastrophen.