«Polen und Ungarn blockieren» – so begannen in den letzten Jahren zahllose Schlagzeilen. Ob es in der EU um Klimaschutz oder um Flüchtlinge, ums Budget oder um Rechte für sexuelle Minderheiten ging – oft scheiterten Vorhaben an der Allianz der nationalistischen Regierungen in Budapest und Warschau.
Zusammen hatten Ungarns Viktor Orban und die rechtskonservative Regierung Polens bei vielen Abstimmungen in der EU faktisch ein Veto. Das dürfte vorbei sein.
Tusk – ein erklärter Gegner Orbans
Donald Tusk, wahrscheinlich nächster Regierungschef in Polen, ist ein Gegner von Orban. Der ehemalige EU-Ratspräsident forderte den Ausschluss von Orbans Fidesz-Partei aus der Europäischen Volkspartei. Beim letzten Wahlkampf in Ungarn stand er auf einer Bühne der Orban-Gegner. Tusk nannte die Politik des ungarischen Regierungschefs «gefährlich» und «moralisch inakzeptabel».
Besonders unangenehm für Orban ist der Machtwechsel in Warschau im Hinblick auf das Artikel-7-Verfahren. Damit kann die EU gegen Mitglieder vorgehen, die die europäischen Grundwerte verletzen – etwa die Demokratie aushebeln oder die Justiz behindern. Am Ende eines solchen Verfahrens kann einem EU-Mitglied das Stimmrecht entzogen werden.
Bislang war das Theorie. Wichtige Entscheidungen in diesem EU-Verfahren müssen nämlich einstimmig getroffen werden. Und da konnte sich Orban stets auf die Rückendeckung aus Warschau verlassen. Diese Rückendeckung wird es bald nicht mehr geben.
In Budapest reagiert man nervös
Entsprechend nervös reagiert jetzt die ungarische Regierung. Der Vize-Aussenminister sagte am Tag der polnischen Wahlen, ein Sieg der Opposition in Warschau brächte «unberechenbare Konsequenzen» für Ungarn, er würde das Land verletzlich machen.
Nun kann man einwenden, dass Orban gerade einen neuen Verbündeten bekommen hat: Im Nachbarland Slowakei wird der Links-Nationalist und Orban-Bewunderer Robert Fico in diesen Tagen seine neue Regierung vorstellen.
Doch Fico ist nicht so mächtig, wie es die Rechtskonservativen in Warschau zuletzt waren. Anders als sie ist Fico auf Koalitionspartner angewiesen. Und sein wichtigster Partner gilt als aussenpolitisch gemässigter als er selbst. Auf die Slowakei kann sich Orban also nicht in gleichem Ausmass verlassen wie bislang auf die Rechtskonservativen in Warschau.
Kommt es tatsächlich wie erwartet zum Regierungswechsel in Polen, wird der Raum für autoritär regierende Machthaber in der EU enger.