Eine Jobsuche für Ukrainerinnen und Ukrainer in Tschechien oder in der Schweiz sei nicht das Gleiche, sagt Adrian Gerber, der Beauftragte des Bundes für die Arbeitsmarktintegration von Personen mit Schutzstatus S. In der Schweiz gebe es mehr hoch spezialisierte Jobs, aber auch die Sprache spiele eine Rolle. «Tschechisch und Ukrainisch sind slawische Sprachen, und das lernt man viel schneller. Das beschleunigt die Integration, auch die berufliche.»
Die Hürden sind also höher in der Schweiz. Unabhängig davon soll vorwärtsgemacht werden, damit möglichst viele Ukrainer hier arbeiten können – und nicht nur jeder Dritte. Deshalb hat der Bund die kantonalen Behörden aufgefordert, die arbeitsfähigen Personen den regionalen Arbeitsvermittlungszentren RAV zu melden.
Die neuesten Zahlen zeigen aber: Von den über 29’000 erwerbsfähigen Ukrainerinnen und Ukrainern ohne Job sind nur gut 2200 bei den RAVs gemeldet. In Zürich, dem bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz, sind es 300.
Hans Rupp, Chef des Zürcher Amtes für Arbeit, sagt: «Etwa 5 Prozent der arbeitsfähigen Personen aus der Ukraine sind bei uns in den RAV gemeldet. Diese Grösse würden wir gerne erhöhen – in Kooperation mit unseren Partnern.» Bis Personen mit Status S dem RAV gemeldet werden könnten, brauche es einen Effort der Gemeinden und Integrationsbehörden: Unterbringung, Deutschlernen, Kinderbetreuung, all das müsse geregelt sein.
Potenzial bei der Zusammenführung
Mehr solche beim RAV gemeldete Ukrainer wünscht sich Daniella Lützelschwab, Leiterin Arbeitsmarkt beim Arbeitgeberverband. Sie stelle immer wieder fest: «Wir haben zwar eine grosse Zahl an erwerbsfähigen Personen, aber wir finden immer noch sehr wenige Personen bei den RAV. Und wir hören, dass sich die Unternehmen und die Personen oftmals nicht finden.»
Diesen Fokus auf die regionalen Arbeitsvermittlungszentren halten aber nicht alle für sinnvoll, denn eine Meldung beim RAV bedeutet noch keine Anstellung. Für die Konferenz der Kantonsregierungen KDK ist wichtig, dass die verschiedenen Akteure nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Nicole Gysin, stellvertretende Leiterin Innenpolitik der KDK, sagt dazu: «Viel entscheidender als eine Anmeldung ist es, dass die geflüchteten Personen bei der Arbeitssuche wirklich unterstützt werden. Welche kantonale Stelle das macht, ob das jetzt das RAV oder die Asyl- oder Integrationsstrukturen sind, ist überhaupt nicht entscheidend.»
Bei den Personen, die vor zwei Jahren gekommen sind, haben wir eine Quote von etwa 35 Prozent.
Die Erwerbsquote von Ukrainern in der Schweiz liegt mit 29 Prozent noch weit unter dem Ziel von 40 Prozent bis Ende Jahr, das der Bundesrat fixiert hat. Man werde Ende Jahr sehen, ob sich das noch erreichen lässt, sagt Adrian Gerber, Beauftragter des Bundes für die Arbeitsmarktintegration: «Die 40 Prozent sind eine Durchschnittsquote. Personen kommen hinzu und gehen. Bei den Personen, die vor zwei Jahren gekommen sind, haben wir eine Quote von etwa 35 Prozent.»
Für Nicole Gysin von der KDK wäre es keine Überraschung, wenn diese 40 Prozent nicht erreicht würden. «Diese Zielquote des Bundesrats ist nur bedingt hilfreich. Man sollte sich Ziele setzen, die auch erreicht werden können. Und dieses Ziel, das haben die Kantone von Anfang an gesagt, war nicht realistisch.»
Bis die Mehrheit der Ukrainerinnen und Ukrainer in der Schweiz einen Job hat, bleibt also noch viel Arbeit.