Das Minen-Problem ist akut und gravierend – in der Ukraine sind fast 140'000 Quadratkilometer Land vermint – das ist mehr als die dreifache Fläche der Schweiz. «Es wurden bereits beinahe tausend Zivilisten verletzt und rund 300 Menschen verloren ihr Leben durch Minen und Blindgänger», sagt Patricia Danzi, Chefin der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Deza.
Als eine der weiteren Folgen leidet die Ukraine als grosse Agrarexportnation ökonomisch enorm: «Die Wirtschaft ist gefährdet, weil riesige Gebiete für den Anbau von Getreide nicht mehr infrage kommen und so der Export leidet», betont Danzi.
Es geht auch um die Prävention. Man muss die Leute warnen.
Auch stellten die Minen eine grosse Belastung für die Umwelt dar. Obschon der Krieg noch in vollem Gange sei, könne und müsse man etwas tun, damit nicht noch mehr Menschen sterben, so Danzi.
Todesfälle unter Zivilisten vermeiden
Eine Massnahme ist die prioritäre Entminung von Gebieten, in welche die Menschen zurückkehren möchten und wo eine neuerliche russische Besetzung weniger wahrscheinlich ist.
Andererseits wolle man möglichst weitere Todes- oder Unfallopfer vermeiden, so Danzi: «Es geht auch um die Prävention. Man muss die Leute warnen.» Beispielsweise müssten Schüler lernen, wie sie sich verhalten müssen, wenn sie einen verdächtigen Gegenstand finden.
Weil sich viele Akteure aus zahlreichen Ländern bei der Entminung engagieren, ist zudem eine strategische Planung erforderlich und vor allem eine bessere Koordination. Auch dazu soll die Ukraine-Entminungskonferenz in Lausanne beitragen. Deza-Direktorin Danzi betont zudem, dass es einen langen Atem brauchen werde – Experten rechnen mit Jahren oder sogar Jahrzehnten, bis die Ukraine dereinst wieder minenfrei sein wird.
Schweiz kann internationale Kritik kontern
Für die Schweiz bietet sich der Einsatz für die Entminung geradezu an. Sie kann damit nämlich auch diplomatisch auf einem Terrain punkten, das ihr wichtig ist.
Es geht der Schweiz auch darum, sich für den Bann gegen Landminen und Streumunition einzusetzen.
«Es geht der Schweiz auch darum, sich auf der internationalen Bühne für den Bann gegen Landminen und Streumunition einzusetzen», sagt Danzi. Dazu bedarf es der Stärkung und konsequenten Durchsetzung der beiden internationalen Verbotsabkommen – jenes für Landminen und jenes für Streubomben.
Und schliesslich kann die Schweiz ihr Image im Ukraine-Konflikt aufpolieren. Denn bekanntlich wird sie als Zauderin kritisiert, weil sie es bis heute nicht schaffte, zumindest Drittländern wie Deutschland den Re-Export von Schweizer Waffen für die Ukraine zu erlauben. Auch ihr Vorgehen gegen russische Oligarchen erachten manche westlichen Staaten als zu lau und die Schweizer Finanzhilfe für die Ukraine als zu bescheiden.
Bei der Entminung kann der Bundesrat der Welt und der Ukraine aufzeigen, dass er sich auf einem anderen wichtigen Feld für das von Russland überfallene Land einsetzt.