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Unterstützung des Westens Hoffnung ist kein Plan für die Ukraine

Raketen, Kommunikationsmittel, Kampfjet-Ersatzteile und manches mehr für 500 Millionen Dollar von den USA. Weitere Waffen von Deutschland, Grossbritannien, Norwegen oder Dänemark.

All die angekündigten neuen militärischen Lieferungen für die Ukraine mögen Aussenstehende beeindrucken. Die auf der US-Basis Ramstein in Deutschland versammelten Verteidigungsminister selber wissen nur zu gut: Es ist bei weitem zu wenig, um das Blatt an der Front zu wenden, wo Russland immer mehr die Oberhand gewinnt. Dessen Staatschef Wladimir Putin dürfte sich die Hände reiben.

Zumal das heutige Treffen in Ramstein womöglich das letzte in diesem Rahmen war. Ob und wie es nach der Amtsübernahme von Donald Trump im Weissen Haus mit der Ukraine-Unterstützergruppe weitergeht – und mit der Ukraine überhaupt –, weiss niemand in Europa. Vielleicht nicht mal in Washington.

Ein letzter Effort bleibt aus

Der aus Kiew eigens angereiste Präsident Wolodimir Selenski forderte noch einmal einen kräftigen Effort und hoffte wohl bis zuletzt darauf. Er erfolgte nicht. Vernehmbar war vor allem das gegenseitige verbale Schulterklopfen für das, was die westlichen Staaten bisher geleistet haben.

Zudem gabs einen grossen Dank an die abtretende Regierung von Joe Biden und dessen Verteidigungsminister Lloyd Austin. Ausserdem Versprechungen, selbstverständlich die Ukraine künftig nicht im Stich zu lassen.

Mehr als wohlfeile Worte waren das nicht. Die Europäer sind weder fähig noch willens, die Führungsrolle für die militärische Ukraine-Hilfe von den Amerikanern zu übernehmen – auch, weil sie zunehmend gespalten sind. Die Regierungen in Ungarn, in der Slowakei, möglicherweise auch die künftigen in Österreich und Tschechien stehen Putin näher als ihren westlichen Partnern.

Nato-Beitritt in weiter Ferne

Dass die Ukraine unter Trump der Nato beitreten darf, scheint völlig ausgeschlossen – obschon ihr das die beste, vielleicht die einzige volle Sicherheitsgarantie böte. Die zweitbeste wäre die Stationierung westlicher Truppen zu ihrem Schutz. Dazu gibt es zwar Versprechungen, etwa von Frankreich. Doch konkretisiert wurden sie auch in Ramstein nicht, obschon Selenski inständig darum bat.

Bei der Nato – und ebenso bei der EU – klammert man sich an die Hoffnung, dass es am Ende unter Trumps neuerlicher Präsidentschaft doch nicht so schlimm kommt, wie nun viele befürchten.

Doch Hoffnung ist kein Plan. Vernünftiger wäre es, Vorkehrungen dafür zu treffen, dass es tatsächlich dramatisch wird. Dass Trump seine Ankündigungen und Drohungen wahrmacht. Dazu ist der europäische Teil des Westens derzeit ausserstande.

So ist das Überleben einer souveränen Ukraine ungewisser denn je.

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

Info3, 9.1.2025, 17:00 Uhr

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