In Dänemark sollen künftig nicht nur Männer zum Wehrdienst einberufen werden, sondern auch Frauen. Das skandinavische Land macht den bisher freiwilligen Militärdienst für Frauen obligatorisch. «Wir bewaffnen uns, um einen Krieg zu vermeiden», erklärte die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. SRF-Nordeuropa-Korrespondentin Felicie Notter ordnet ein.
Weshalb kommt in Dänemark die Wehrpflicht für Frauen?
Sie ist Teil einer grösseren Reform – der Militärdienst wird von vier auf elf Monate verlängert. Dänemark rechnet darum damit, dass sich künftig weniger junge Menschen freiwillig melden. Das andere, grundsätzlichere Argument ist die Gleichstellung der Geschlechter. Die Reform kommt von der Regierung unter der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen. Hintergrund der Reform ist aber die Verschlechterung der Sicherheitslage in Europa, konkret die Sorge vor einem grösseren Krieg. Vor der Bedrohung durch Russland hat jüngst auch der dänische Nachrichtendienst gewarnt. Dänemark will darum auch drastisch in die Verteidigung investieren. Entsprechend will man alle Kampfkräfte mobilisieren, aus der gesamten Gesellschaft.
Welche Aufgaben sollen die Frauen im Militär übernehmen?
Die Rede ist von einer vollen Gleichbehandlung der Geschlechter in der Armee. Das heisst, Frauen stehen grundsätzlich alle militärischen Funktionen offen. Da gibt es im obligatorischen Militärdienst zunächst eine Art Grundausbildung während fünf Monaten, bevor es dann für sechs Monate in Spezialeinheiten wie die Luftwaffe, Marine oder andere Abteilungen geht. Es gibt aber auch Stimmen, die sagen, dass man Frauen nicht primär wegen ihrer Muskelkraft brauche, sondern wegen anderer Fähigkeiten, etwa im IT-Bereich.
Wie sind die Reaktionen in Dänemark?
In Dänemark wird seit Monaten um die Reform gerungen. Sie kommt also nicht überraschend und ist breit abgestützt. Opposition kam bisher aus gewissen rechten Kreisen von der Liberalen Allianz, die sich mit den Dänendemokraten zusammengetan hatten. Zu zweit verfügten die beiden Parteien über ein Vetorecht, mit dem sie den Entscheid blockieren konnten. Unter grossem Druck ist nun aber die Liberale Allianz umgeschwenkt. Ihren Gesinnungswandel erklärt sie mit der «aktuellen Situation». Man kann aber sagen, dass man sich in der dänischen Politik in Sicherheitsfragen meist einig ist. Kritische Töne zur Wehrpflicht für Frauen gibt es aber dennoch, und zwar betreffend der Frage, ob das Militär überhaupt bereit für Frauen sei. Das geht von der Diskussion um Sexismus in der Armee über die Ausbildungskapazitäten bis hin zur militärischen Bekleidung, die noch nicht genug auf Frauen ausgerichtet ist, etwa mit BHs, die scheuern, oder Gasmasken, die schlicht zu gross sind.
Weshalb sind die nordischen Länder Vorreiter bei der Wehrpflicht für Frauen?
Den ersten Schritt hat 2015 Norwegen getan, zunächst aus Gründen der Gleichstellung, der Entscheid fiel schon 2013. Aber als Russland 2014 die Krim annektierte, erhielt die sicherheitspolitische Komponente zunehmend Gewicht. Schweden folgte 2019, aus denselben Gründen. Grundsätzlich stehen nordische Länder alle für eine hohe Gleichberechtigung – da passt es zu ihrer DNA, Frauen auch im Militärdienst gleichzustellen. Und: Hier nimmt man die Bedrohung durch Russland schon länger ernst. Die Bereitschaft, einen Verteidigungseffort zu leisten, ist in Nordeuropa gross.