In New York hat am Dienstag das jährliche Gipfeltreffen zur Eröffnung der UNO-Generalversammlung begonnen. Das Stelldichein am Sitz der Weltorganisation bietet die grosse Bühne für Staats-und Regierungschefs wie Alain Berset. Der scheidende Bundespräsident fühlte sich während seiner Amtszeit stets offenkundig wohl im internationalen Ambiente. Im Interview mit SRF spricht der Freiburger über einen seiner letzten internationalen Auftritte und wie es danach weitergehen könnte.
SRF News: Die Schweiz kann momentan einen Erfolg als Vermittlerin zwischen Iran und den USA aufweisen. Wann wird dies bei der Ukraine und Russland der Fall sein?
Alain Berset: Es braucht Bedingungen, welche erfüllt sein müssen, damit man vorwärts schauen kann. Die Schweiz ist stets bereit, ihren Beitrag zu leisten und zu helfen. Aber es braucht dafür auch den Willen der unterschiedlichen Parteien.
Die Schweiz hat keine ‹Hidden Agenda› und gilt als vertrauenswürdig.
Bei den USA und Iran hat unsere Vermittlung funktioniert, es zeigt, dass gewisse Bewegungen möglich sind. Was die Aggressionen Russlands in der Ukraine betreffen, muss man klar festhalten, dass die Bedingungen aktuell nicht erfüllt sind, um hier als Vermittler aufzutreten.
Was für einen Platz hat die Schweiz heutzutage in der Welt?
Die Schweiz hat einen starken Platz in der Welt und ist bekannt dafür, dass sie sich für Frieden engagiert. Wir haben mit dem internationalen Genf eine starke Plattform. In den letzten 12 Jahren hat mich stets beeindruckt, wie die Schweiz als fairer Vermittler und Partner aufgetreten ist. Das Land hat keine «Hidden Agenda» und gilt als vertrauenswürdig. Das Ganze ist jedoch äussert fragil, in einer Welt, die sich immer wieder ändert. Hier in New York spüre ich eine hohe Glaubwürdigkeit für die Schweiz.
Gab es auch Kritik an der Schweiz, Stichwort Waffenlieferungen?
Das Thema kam vor allem in bilateralen Gesprächen zur Sprache. Dort habe ich jeweils den Standpunkt der Schweiz erklärt. Dabei gab es jeweils Differenzen, aber man ist sich mit Respekt begegnet.
Diese Momente waren brutal, ich habe alles gegeben und bin froh, Anfang 2024 eine leere Agenda zu haben.
Die Länder verstehen auch, dass die Schweiz in diesem Konflikt eine etwas andere Rolle spielen kann.
Verspüren Sie eine gewisse Wehmut, nach 12 Jahren abzutreten?
Als Vorsitzender im Sozialen, bei der Gesundheit und in der Kultur sind solche Anlässe wie hier eher selten. Als Bundesrat waren meine Auftritte eher auf die Schweiz begrenzt. Mit den beiden Präsidien 2018 und 2023 ergab sich eine gute Gelegenheit, nochmals in eine andere Rolle zu schlüpfen.
Wie sieht Ihre Zukunft aus?
Ich brauche nun Erholung. Ein Beispiel von vielen: In diesen zwölf Jahren gab es 29 Volksinitiativen. Man kann sich kaum vorstellen, was das bedeutet. Diese Momente waren brutal, ich habe alles gegeben und bin froh, Anfang 2024 eine leere Agenda zu haben.
Das Gespräch führte Sebastian Ramspeck.