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Ein Nachfolger für Griffiths (Bild) ist nicht in Sicht
Aus Rendez-vous vom 04.07.2024. Bild: Keystone
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UNO ohne Nothilfechef Wie die Wahlen in Grossbritannien auch die UNO betreffen

Der Posten des obersten UNO-Nothilfechefs ist verwaist – obschon selten so viel humanitäre Not herrschte wie zurzeit.

Als der Chef der UNO-Nothilfeorganisation Ocha, Martin Griffiths, seinen Rücktritt ankündigte, lobte ihn Generalsekretär António Guterres über seinen Sprecher Farhan Haq in den höchsten Tönen: «Unermüdlich hat er sich eingesetzt für Hilfsbedürftige und dafür, die nötigen Mittel für humanitäre Unterstützung zusammenzubekommen.»

Die UNO dankte Griffiths ausserdem dafür, noch bis Ende Juni auf seinem Posten zu verbleiben und so einen nahtlosen Übergang sicherzustellen.

Wichtiger – aber schwieriger Job

Das war im Frühjahr. Inzwischen ist Griffiths weg, doch seine Nachfolge noch immer ungeklärt. Das Amt ist eines der anspruchsvollsten im gesamten UNO-Apparat. Wer es innehat, ist pausenlos unterwegs, ständig in Kriegs-, Krisen- und Notstandsgebieten, konfrontiert mit dem Elend der Welt.

Ansonsten muss der Nothilfechef betteln, um Jahr für Jahr mehr Mittel für mehr humanitäre Krisen mit noch mehr Opfern zusammenzukratzen. Das wird immer schwieriger. Die Hilfsappelle der UNO werden überhört. Häufig kommt kaum die Hälfte der benötigten Mittel zusammen.

Die Welt ist eine schlechtere als bei meinem Amtsantritt.
Autor: Martin Griffiths Brite, war bis Ende Juni Chef der UNO-Nothilfeorganisation Ocha

Das ist frustrierend, doch Martin Griffiths engagierte sich unermüdlich. In einem seiner letzten Auftritte als UNO-Spitzenfunktionär forderte er ein härteres Vorgehen gegen jene, die humanitäre Hilfe behindern: «Es darf nicht sein, dass jene, die humanitäre Helfer umbringen oder Lebensmittellager attackieren, straflos davonkommen.» Ob das nun in Gaza, in der Ukraine oder in Sudan geschehe.

Ein Mann mit afghanischer Kleidung sitzt vor seinem zerstörten, einfachen Haus.
Legende: Noch nie waren so viele Menschen auf der Erde auf Nothilfe angewiesen wie derzeit – wie etwa in Afghanistan nach schweren Überschwemmungen im vergangenen Frühling. Keystone/Samiullah Popal

Er gebe sein Amt im Bewusstsein ab, seine Aufgabe nicht erledigt zu haben. «Die Welt ist eine schlechtere als bei meinem Amtsantritt», stellte er ernüchternd fest.

London stellt den UNO-Nothilfechef

Dass Griffiths’ Posten derzeit unbesetzt ist, liegt nicht am anspruchsvollen Anforderungsprofil. Der Grund ist politisch: UNO-Generalsekretär Guterres will ihn nicht besetzen, bevor eine neue britische Regierung im Amt ist.

Für all jene, denen die UNO-Gepflogenheiten fremd sind, ist das eine absurde Begründung. Gemäss UNO-Denken leuchtet sie jedoch ein: António Guterres wollte nicht den von der noch amtierenden britischen Regierung portierten Kandidaten – der zudem für das Amt ungeeignet schien – nominieren, sondern die heutige Wahl und eine Kandidatur der künftigen Regierung in London abwarten.

Es braucht in solchen Führungspositionen die Besten – egal, woher sie stammen.
Autor: David Beasley Vorletzter Chef des UNO-Welternährungsprogramms WFP

Denn der Posten des UNO-Nothilfechefs gilt als britische Pfründe. Griffiths ist Brite – wie schon seine fünf Amtsvorgänger.

Gängige Praxis bei der UNO

Die Nothilfeorganisation Ocha ist diesbezüglich kein Sonderfall in den Vereinten Nationen. Der oberste Blauhelm-Chef etwa ist seit vielen Jahren immer ein Franzose. Der Posten des UNO-Vizegeneralsekretärs für Politisches ist in US-Hand. Und gar noch nie leitete ein Nichtamerikaner das UNO-Welternährungsprogramm.

Dessen vorletzter Chef David Beasley forderte gegenüber dem katarischen Sender Al Jazeera zwar: «Es braucht in solchen Führungspositionen die Besten – egal, woher sie stammen.» Doch: Seine Nachfolgerin ist jetzt Cindy McCain. Natürlich eine Amerikanerin.

Das Pfründewesen bedeutet nicht, dass all diese UNO-Behörden von Minderqualifizierten geführt werden. Viele sind motiviert, oft auch qualifiziert, verfügen mitunter gar über fachliche Erfahrung. Doch die Auswahl wird durch die gängige UNO-Praxis arg eingeschränkt. Und sie macht Fehlbesetzungen wahrscheinlicher.

Rendez-vous, 4.7.2024, 12:30 Uhr;kesm

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