- Israelischen Streitkräfte haben ein mehrere hundert Meter langes Tunnelsystem entdeckt, das teilweise unter dem UNRWA-Hauptquartier in Gaza verläuft.
- Dies sei ein weiterer Beweis dafür, dass die Hamas die wichtigste Hilfsorganisation für die Palästinenser unterwandere, so das israelische Militär.
- UNRWA-Chef, Philippe Lazzarini, betont derweil, dass er nichts von einem Tunnelsystem unter dem UNRWA-Hauptquartier gewusst habe.
Das UNRWA-Hauptquartier befindet sich in Gaza-Stadt im Norden des Gazastreifens. Reporter ausländischer Nachrichtenorganisationen konnten die Tunnelpassage unter Aufsicht der Armee in Augenschein nehmen.
Sie wurden durch einen Schacht in der Nähe einer Schule am Rande des UNO-Geländes in die Tiefe geführt. Zwanzig Minuten konnten sie streng bewacht durch das heisse und meist enge Tunnelsystem gehen.
Laut Armeeangaben ist es 700 Meter lang und 18 Meter tief, teilweise gebe es Nebenräume. Es habe ein Büro gegeben, mit einem Stahltresor, der geöffnet und geleert gewesen sei. Ein grösserer Raum sei mit Computerservern vollgestopft gewesen. Von hier aus habe die Hamas ihre Operationen geleitet. Im Zuge des israelischen Vormarsches scheine sich die Miliz dann zurückgezogen zu haben.
Angesichts des israelischen Vormarsches habe sich die Hamas aus diesem Tunnelsystem zurückgezogen. Doch auch anhaltende Regenfälle könnten eine Rolle gespielt haben: Mehrere Abschnitte des Tunnels seien mit abgelagertem Sand und kniehohem Wasser gefüllt gewesen, wie Reporter berichteten.
UNRWA weist Vorwürfe zurück
UNRWA-Chef Philippe Lazzarini erklärte, das Hilfswerk habe keine Kenntnis von dem Tunnelsystem unter dem UNRWA-Hauptqaurtier gehabt. Das Personal der UNRWA habe das Hauptquartier bereits am 12. Oktober auf Anordnung des israelischen Militärs geräumt, schrieb er am Samstagabend auf X.
Seitdem habe die Organisation sie nicht mehr benutzt. Wann immer in der Vergangenheit ein verdächtiger Hohlraum in der Nähe oder unter dem UNRWA-Gelände entdeckt worden sei, habe man umgehend Protestbriefe an die Konfliktparteien geschickt, schrieb Lazzarini weiter – darunter sowohl an die Hamas, als auch an die israelischen Behörden.
Dies sei auch in Jahresberichte eingeflossen, die der Generalversammlung vorgelegt und veröffentlicht worden seien. Die UNRWA sei eine humanitäre Organisation und verfüge «weder über die militärische und sicherheitspolitische Expertise noch über die Kapazität, um das, was unter ihren Anlagen ist oder sein könnte, militärisch zu inspizieren», fügte er hinzu.
Israel fordert Rücktritt von UNRWA-Chef
Israels Aussenminister Israel Katz wies Lazzarinis Darstellung als «absurd» zurück und forderte die sofortige Ablösung des UNRWA-Chefs. «Sein sofortiger Rücktritt ist unabdingbar», schrieb Katz auf X.
Das Hilfswerk war zuletzt stark in die Kritik geraten. Von israelischer Seite gab es immer wieder Vorwürfe, mit der Hamas zusammenzuarbeiten. Konkret wurde einigen Mitarbeitern vorgeworfen, an den Terrorakten der islamistischen Hamas vom 7. Oktober in Israel beteiligt gewesen zu sein.
Mehrere westliche Länder stellten wegen der Anschuldigungen vorübergehend die Zahlungen an UNRWA ein, darunter die beiden grössten Geldgeber, die USA und Deutschland.