Wahlen um jeden Preis. Das scheint das Motto, der Präsidentschaftswahl in Afghanistan zu sein. Noch vor drei Wochen war völlig unklar, ob es überhaupt dazu kommen würde, oder ob der Termin ein drittes Mal verschoben werden müsse.
Beschränkter Wahlkampf und Unregelmässigkeiten
Ein Pro-forma-Wahlkampf wurde im Eiltempo durchpaukt. Die meisten der 18 Kandidaten konnten aus Sicherheitsgründen gar keine Wahlveranstaltungen durchführen. Und auch die Favoriten – Präsident Ashraf Ghani und dessen grösster Herausforderer Abdullah Abdullah – mussten zeitweise auf Wahlkampfreden via Videoschaltung ausweichen.
Zudem wurden Vorwürfe des Wahlbetrugs schon vor dem heutigen Wahltag laut. Diese werden wohl in den nächsten Tagen noch lauter werden, da es offensichtlich in mehreren Wahllokalen zu Unregelmässigkeiten gekommen ist. So konnte ein Drittel der Wahllokale nicht geöffnet werden, da diese sich in den von den Taliban kontrollierten Gebieten befinden. Die Taliban hatten zum Boykott der Wahlen aufgerufen und klar gemacht, dass sie auch die künftige Regierung nicht anerkennen würden.
Legitimation ist dringend nötig
Wozu das Ganze? Afghanistan braucht dringend eine vom Volk legitimierte Regierung. Denn die bisherige war es nicht.
Obwohl bei den letzten Präsidentschaftswahlen 2014 etwa acht der neun Millionen registrierten Wähler zur Urne gingen, zählten ihre Stimmen nicht. Wegen massivem Wahlbetrugs in beiden Lagern konnte kein Wahlsieger bekanntgegeben werden. Und nur durch Vermittlungen des damaligen US-Aussenministers John Kerry wurde eine Regierung mit beiden Hauptkontrahenten Ghani und Abdullah geschaffen.
Dieses Jahr werden sich die USA aus den Wahlen raushalten, da sie sich ohnehin aus Afghanistan zurückziehen möchten. Das würde im Prinzip Raum schaffen für eine vom Volk gewählte Regierung.
Im Prinzip. Denn ausschlaggebend wird die Wahlbeteiligung sein. Eine hohe Wahlbeteiligung gäbe dem neuen Präsidenten die nötige Legitimation um mit den Taliban an einen Tisch zu sitzen und über Frieden zu verhandeln. Das wäre das eigentliche Ziel für Afghanistan.
Präsident braucht die Wahlen
Doch die Taliban sind heute mächtiger als 2014. Nach dem damaligen Wahldebakel und angesichts der lebensbedrohlichen Umstände heute, werden sich wohl viele Afghaninnen und Afghanen von den Stimmlokalen fernhalten.
Dennoch war kein Preis zu hoch, um diese Wahlen durchzuführen. Denn so sehr Afghanistan eine vom Volk legitimierte Regierung bräuchte – die Regierung braucht die Wahlen noch viel mehr. Nur durch sie kann Präsident Ashraf Ghani hoffen, weitere fünf Jahre an der Macht zu bleiben.