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Afghanistan-Gespräche «tot»
Aus SRF 4 News aktuell vom 10.09.2019.
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Trump beendet Gespräche «Für die Menschen in Afghanistan ist es eine Katastrophe»

US-Präsident Donald Trump hat die Friedensbemühungen mit den Taliban für gescheitert erklärt. Und zwar endgültig. Für ihn seien die Gespräche «tot», erklärte Trump auf Twitter. Die Situation ist alarmierend, meint Experte Thomas Ruttig.

Thomas Ruttig

Afghanistan-Kenner

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Thomas Ruttig ist Afghanistankenner und -experte. Er berichtet seit Jahrzehnten über das Land. Seit 1993 hat er insgesamt zwölf Jahre dort gelebt und dabei unter anderem für die UNO und die EU gearbeitet. Ruttig ist Mitbegründer des Afghanistan Analysts Network. Er führt auch einen aktuellen Afghanistan-Blog.

SRF News: Ist damit die jahrelange diplomatische Arbeit zunichte?

Thomas Ruttig: Die Gefahr besteht auf alle Fälle. In Afghanistan sehe ich im Moment keine Optionen, dass nun wieder Gespräche beginnen.

Der Prozess dauert bereits Jahre. Wie viel Arbeit hat Trump nun kaputt gemacht?

Richtig verhandelt wurde seit Oktober 2018, zwischen Trumps Afghanistan-Sonderbotschafter für Frieden und einer hochrangigen Delegation der Taliban, für die die Amerikaner extra Mullah Baradar aus dem Gefängnis in Pakistan geholt hatten.

Die Amerikaner und die afghanische Armee haben im ersten Halbjahr dieses Jahres mehr Zivilisten in Afghanistan getötet als die Taliban und der örtliche Ableger des Islamischen Staates zusammen.

Mullah Baradar war der ehemalige stellvertretende Chef der Taliban unter deren Gründer Mullah Omar, der inzwischen tot ist. Ihm wurde wegen seiner Nähe zu diesem viel Autorität zugetraut; dass er es schaffen könnte, ein Abkommen in den eigenen Reihen durchzusetzen.

Worum ging es bei den Gesprächen?

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  • Bei den Gesprächen zwischen den USA und den Taliban ging es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird.
  • In der Folge sollten innerafghanische Friedensgespräche geführt werden. Bisher hatten sich die Taliban geweigert, mit der Regierung in Kabul zu sprechen, die sie als «Marionette» des Westens betrachten. Auch ein Waffenstillstand war Thema.
  • Washington hatte laut US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad geplant, im Falle einer Übereinkunft mit den Taliban in einer ersten Tranche rund 5000 US-Soldaten aus dem Land abzuziehen.
  • Dem Entwurf des geplanten Abkommens zufolge hätten die US-Streitkräfte demnach innerhalb von 135 Tagen fünf Stützpunkte verlassen sollen, sofern die Taliban die Bedingungen im Abkommen erfüllt hätten. Zurzeit sind etwa 14'000 US-Soldaten in Afghanistan stationiert.

Sie sagen, dass dieses Abkommen gravierende Mängel hat. Trotzdem sprachen Sie von einer letzten Chance für den Frieden. Können Sie mir das erklären?

Unter den gegebenen Umständen in den letzten Jahren war es die einzige realistische Chance, dass Frieden in Afghanistan erreicht werden kann. Allerdings gab es Widersprüche im Abkommen. Trump wollte einen Truppenabzug. Dieser sollte zumindest begonnen haben, wenn der neue Wahlkampf auf dem Höhepunkt ist und die Wahlen im nächsten November in den USA anstehen. Das kollidierte aber mit den Realitäten in Afghanistan. Das Abkommen war kein Friedensabkommen, sondern handelte über den Abzug und bestimmte Garantien vonseiten der Taliban, was Terrorismusbekämpfung anbetrifft. Ursprünglich sollte es zudem eine landesweite Waffenruhe geben und die afghanische Regierung an den Gesprächen teilnehmen. Diese muss den Frieden mit den Taliban schliessen und nicht nur die Amerikaner. Die Gespräche wurden auf sogenannte afghanische Verhandlungen vertagt, die nun nach Abkommensschluss beginnen sollten. Dazu kommt es jetzt nicht mehr.

Trump hat das Abkommen für tot erklärt. Was ist der Grund dafür?

Es ist bekannt, dass er möglicherweise auf den Friedensnobelpreis geschielt hat, falls er den seit 40 Jahren anhaltende Krieg in Afghanistan hätte beenden können. Er ist mit seiner Idee, die Taliban und den afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani zum symbolträchtigen Ort Camp David zu holen, zu weit vorgeprescht. Zudem hatte er keine Zustimmung der Taliban, dass sie kommen würden. Deren Führungskraft liess verlauten, dass man die Verhandlungsdelegation nicht in die USA, sozusagen in das Hauptquartier des Feindes, schicken würde. Das käme einer Kapitulation gleich und alles was die Taliban vermeiden wollen ist ein Abkommen, das aussieht, als ob sie kapituliert hätten.

Was bedeutet die jetzige Situation für die Menschen in Afghanistan?

Eine Katastrophe. Die Hoffnung darauf, dass der Krieg beendet werden kann, hat sich wieder einmal zerschlagen. Der Krieg in Afghanistan ist in den letzten Wochen eskaliert, von beiden Seiten aus. Die Taliban haben grosse Angriffe gefahren und Anschläge in Kabul verübt, die Amerikaner haben sehr viele Luftschläge gegen Talibankommandeure durchgeführt. Die Amerikaner und die afghanische Armee haben im ersten Halbjahr dieses Jahres mehr Zivilisten in Afghanistan getötet als die Taliban und der örtliche Ableger des Islamischen Staates zusammen.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

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