- Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) darf die Alternative für Deutschland (AfD) als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstufen.
- Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster hat ein entsprechendes Urteil einer Vorinstanz bestätigt. Dieses war zum selben Urteil gekommen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das OVG liess zwar keine Revision zu. Die AfD kann aber einen Antrag auf Zulassung am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig stellen. Mit dem gefällten Urteil darf der Verfassungsschutz auch weiterhin nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung der Partei einsetzen.
Die Nachrichtendienste dürfen weiter Observationen durchführen, heimlich Bild- und Tonaufzeichnungen machen und den Post- und Telekommunikationsverkehr überwachen. Die AfD muss auch mit Spitzeln in den eigenen Reihen rechnen, die der Verfassungsschutz in die Partei einschleust.
Die AfD hatte sich in dem Berufungsverfahren gegen die Einstufung als Verdachtsfall gewehrt. Der Verfassungsschutz führt die gesamte Partei, den mittlerweile aufgelösten AfD-«Flügel» und die Jugendorganisation Junge Alternative als extremistische Verdachtsfälle. Beim Flügel geht es zusätzlich um die Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung.
In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Köln den Verfassungsschützern recht gegeben: Die Richter sahen ausreichend Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD.
Unzulässige Diskriminierung
Das Oberverwaltungsgericht in Münster sieht es als erwiesen an, dass die AfD «Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind».
Ein politisches Ziel eines beträchtlichen Teils der AfD sei es, deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuerkennen. Dazu bestehe der begründete Verdacht. Das sei eine unzulässige Diskriminierung aufgrund der Abstammung. Mit der Garantie der Menschenwürde sei dies nicht zu vereinbaren.
Der Verfassungsschutz habe zudem nicht aus parteipolitischen oder sachwidrigen Motiven gehandelt. Das wirft die AfD dem Bundesamt immer wieder vor.
Weiterzug des Urteils erwartet
Für SRF-Deutschlandkorrespondentin Alexandra Gubser gilt es als sicher, dass die AfD das Urteil anfechten wird. Der Partei liege jedoch daran, vor einem endgültigen Urteil weiter Zeit zu schinden. Denn anfangs September stehen Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern an.
Mit dem Urteil in Münster könnte das Bundesamt die AfD von einem Verdachtsfall zu einem gesicherten rechtsextremen Status hochstufen. Das würde die Grundlage für ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht darstellen.
Was das Urteil für die AfD bedeutet, ist noch fraglich. «Das Etikett ‹gesichert rechtsextrem› mag für die AfD unangenehm sein. Doch wahrscheinlich wird dieser Gerichtsentscheid wenig an den politischen Realitäten ändern», schätzt Korrespondentin Gubser.
Das zeigen auch zwei Beispiele aus Sachsen und Thüringen. Dort gilt die AfD amtlich und offiziell bereits als gesichert rechtsextrem. Und trotzdem kommt sie dort immer noch auf Zustimmungsraten von gegen 30 Prozent – auch trotz der vielen Skandale in jüngster Zeit. «Die AfD-Anhänger wollen ja, dass radikal etwas gegen Ausländer, Grüne, Linke, Muslime getan wird.»