Was US-Präsident Joe Biden zum Massaker in Texas sagen kann, hat er bereits gesagt. Mehrfach: «Ich habe es so satt. Wir müssen handeln. Wann, in Gottes Namen, bieten wir endlich der Schusswaffenlobby die Stirn?»
Verzweifelte Worte vom mächtigsten Mann im Land. Tatsächlich kann Biden kaum etwas tun. Es fehlen ihm die nötigen klaren Mehrheiten im Parlament. Bei seinem Besuch in Uvalde, Texas, will er deshalb Trost spenden, Mitgefühl zeigen. Es soll nicht der Anlass sein für politische Forderungen, die ohnehin müssig wären.
Kaum Bewegung in der öffentlichen Debatte
Auch nach der jüngsten Bluttat gibt es kaum Bewegung in der öffentlichen Debatte. Der Anführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sagt zwar: «Es macht einen krank zu sehen, wie da unschuldiges junges Leben ausgelöscht wird.»
Doch Mitch McConnell hat während seiner mehr als dreissigjährigen Senatskarriere jegliche Verschärfung des Waffenrechts verzögert und verhindert. Es gilt schon als – minimer – Fortschritt, dass er nun immerhin einwilligte, am Wochenende Gespräche mit den Demokraten zu führen.
Dabei geht es nicht um ernsthafte Einschränkungen des Waffenrechts, sondern lediglich darum, zumindest zu verhindern, dass selbst aktenkundige Kriminelle Waffen erwerben können – oder darum, Psychopathen Waffen wegzunehmen.
Zunehmende Verzweiflung
Kein Wunder, dass Befürworter von Verschärfungen zunehmend verzweifelt sind. So der demokratische Senator Chris Murphy: «Was tun wir? Was tun wir?», fragte er mehrmals rhetorisch seine republikanischen Senatskolleginnen und -kollegen: «Warum sitzen wir hier, wenn wir nicht willens sind, ein existenzielles Problem der USA zu lösen.»
In der Bevölkerung fordert eine Mehrheit, die jeweils unmittelbar nach Massakern wie in Uvalde sogar sehr deutlich ist, Beschränkungen des Waffenrechts. Doch in der Republikanischen Partei gibt es diese Mehrheit bei weitem nicht.
Zum einen, weil die Waffenlobby deren Wahlkämpfe mit zig Millionen Dollar finanziert. Zum andern ist man fixiert auf die USA als Wildwest-Staat, wo Waffen in jeden Haushalt gehören wie Brot oder Milch. Typisch für diese Haltung ist Kristi Noem, die Gouverneurin von South Dakota.
«In South Dakota sind auch Grossmütter bewaffnet»
Bevor sie ihre eigene Jagdlizenz besass, habe sie ihre Grossmutter auf der Jagd begleitet. Ja, in South Dakota seien auch Grossmütter bewaffnet. Ständig repetiert wird zudem, gefährlich seien gar nicht die Waffen selber, sondern nur böse Menschen mit Waffen. Deshalb müssten sich die Guten erst recht bewaffnen.
Nichts in der gesamten Verfassung der USA ist manchen Republikanern wichtiger als der zweite Verfassungszusatz, der Einschränkungen des Rechts auf Besitz und Tragen von Waffen verbietet.
Schulen sollen zu Festungen werden
So vergiessen diese Kreise zwar Krokodilstränen angesichts der vielen Opfer, wie etwas der frühere Präsident Donald Trump am Freitag auf der Jahrestagung der National Rifle Association, der Schusswaffenlobby NRA, in einer zynisch anmutenden Inszenierung, als er die Namen aller getöteten Kinder von Uvalde aufzählte.
Doch politisch folgern er und seinesgleichen aus der nicht abreissenden Folge von Massakern lediglich, die Schulen zu Festungen umzubauen. Lehrer sollten Waffen tragen, in jeder Schule brauche es Sicherheitsleute, Gitter, Mauern, gepanzerte Türen, Metalldetektoren.
Ideologische Welten liegen zwischen den unterschiedlichen Vorstellungen. Die Waffenbefürworter haben die Macht, ihre durchzusetzen.