Darum geht’s: Mit sogenannten «Treasuries» finanziert sich die US-Regierung an den Finanzmärkten. Die Rendite, die man für eine solche Staatsanleihe bekommt, ist derzeit besonders hoch: Wer Washington finanziell unter die Arme greift, wird aktuell mit 4.6 Prozent entschädigt. Im September waren es noch 3.65 Prozent. Damit bewegten sich die sogenannten «Treasury Yields» in die entgegengesetzte Richtung zum Leitzins – und das ist aussergewöhnlich. Wie die Investmentbank J.P. Morgan in einer Analyse schreibt, sind die Renditen bei den vergangenen sieben Zinssenkungen, die bis ins Jahr 1989 zurückreichen, immer gesunken.
Wo liegt das Problem? Steigt die Staatsverschuldung, schränkt dies tendenziell den Handlungsspielraum einer Regierung ein. Das kann mitunter schwerwiegende Folgen haben. So geschehen etwa in den 1990er-Jahren, als Anleger am Bond-Markt Bill Clinton einen rigiden Sparkurs aufzwangen.
Was könnte dahinter stecken? «Die Rendite sagt etwas über das Vertrauen in die US-Wirtschaft aus», erklärt Börsenkorrespondent Jens Korte. Die Staatsverschuldung der USA ist hoch – ohne dass Washington eine Lösung dafür parat zu haben scheint. Im Gegenteil: Seit der Coronapandemie sind die Staatsausgaben noch einmal deutlich gestiegen. Erst schickte Donald Trump Schecks an alle Haushalte, dann kamen die milliardenschweren Ausgabenprogramme von Joe Biden. Die Lücke zur Einnahmenseite ist noch grösser geworden. Und nun befürchten viele weiteres Ungemach.
Welche Rolle spielt Trump? Wohl kein anderes wirtschaftspolitisches Versprechen wird so sehr mit Donald Trump in Verbindung gebracht wie hohe Zölle. Vor seinem Amtsantritt drohte er engen Partnern wie Kanada und Mexiko oder Rivalen wie China mit zweistelligen Einfuhrzöllen auf ihre Produkte. Ausserdem will er Millionen Menschen – und damit Arbeitskräfte – abschieben. Und: Entgegen der traditionell staatskritischen Haltung der Republikanischen Partei ist Trump höheren Ausgaben in der Sozialpolitik gegenüber nicht abgeneigt. An den Märkten sorgte all dies für Verunsicherung mit Blick auf die Inflation.
Wie können sich die USA so hohe Schulden leisten? Die Verschuldung der USA ist mittlerweile grösser als das gesamte Bruttoinlandsprodukt. Wird das Defizit nicht eingedämmt, wird es nach Expertenmeinung bis 2027 die historischen Höchststände der Nachkriegsjahre übertreffen. Noch spielt Washington aber seine Trümpfe aus. Als grösste Volkswirtschaft der Welt nehmen die USA nämlich eine Sonderstellung ein. «Das zehnjährige US-Treasury gilt als die sicherste Anlage der Welt», erklärt Jens Korte. Zudem sei der US-Dollar durch diese Sonderstellung geschützt, was für zusätzliche Stabilität sorge.
Wohin geht die Reise? Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind zuletzt wieder etwas gesunken. Bei den Handelszöllen bleibt die Lage unklar. Trump verzichte vorerst auf höhere Zölle für Importe aus China, drohte aber Mexiko und Kanada damit. Die weitere Entwicklung bleibt schwer abschätzbar. «Es kommt nun ganz darauf an, welche Politik Trump macht», blickt Jens Korte voraus. An den Aktienmärkten hatte seine Wahl im November eine Welle der Euphorie ausgelöst. Dahinter steckte auch die Hoffnung auf Steuersenkungen im grossen Stil. Am Anleihemarkt hat sich die Gemütslage jedoch in eine andere Richtung entwickelt. Nun werde sich zeigen, welche Einschätzung zutrifft. «Beide können nicht richtig liegen.»