Vor acht Jahren rangen Hillary Clinton und Donald Trump um das mächtigste Amt der Welt. Der damalige Wahlkampf sollte das politische Klima in den USA nachhaltig vergiften. Die US-Zeitung «Politico» kürte das TV-Duell der beiden Kontrahenten zur «hässlichsten Debatte der amerikanischen Geschichte».
Mit Kamala Harris könnte nun zum zweiten Mal eine Frau ins Rennen ums Weisse Haus steigen. Und auch die Demokratin würde es mit Trump zu tun bekommen.
«Habt ihr sie lachen sehen?»
Nach dem gescheiterten Attentatsversuch gab sich der Republikaner moderater. Es sollte von kurzer Dauer sein. Schon am Parteitag der «Grand Old Party» von letzter Woche verfiel er in altbekannte Rhetorik.
Seit Biden seine Kandidatur zurückgezogen hat, ergiesst sich Trump in wütenden Tiraden gegen Kamala Harris. Ein Muster: Vor seinen Anhängern fragte er: «Habt ihr sie lachen sehen? Sie ist verrückt, absolut durchgeknallt.»
Auf seiner Social-Media-Plattform «Truth Social» attackierte Trump auch die Medien. «Kamala Harris ist dumm wie ein Stein. Jetzt wollen die Medien sie von einer gescheiterten Vizepräsidentin zu einer grossartigen Präsidentin machen.» Die «New York Times» mutmasst bereits, dass Harris’ Kandidatur Trumps «niederste Instinkte» wecken könnte.
Trump wird Harris so darstellen, als wäre sie als Frau explizit nicht in der Lage, das höchste Amt der Vereinigten Staaten erfolgreich auszufüllen.
«Sie muss sich auf eine sehr aggressive Rhetorik aus dem Lager von Trump und seinem Vize Vance gefasst machen», sagt die Politologin Laura von Daniels. Die USA-Expertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik geht davon aus, dass Trump dabei verstärkt auf die «Frauenkarte» setzen wird.
Geht der Schuss nach hinten los?
In einer ersten Welle an Social-Media-Posts versuchte er bereits, Harris als inkompetent hinzustellen. «Er wird sie so darstellen, als wäre sie als Frau explizit nicht in der Lage, das höchste Amt der Vereinigten Staaten erfolgreich auszufüllen.»
Aber finden solche Anwürfe im Jahr 2024 tatsächlich noch Widerhall? «Es gibt Kräfte in der amerikanischen Bevölkerung, denen Trumps frauenfeindlicher Kurs ganz klar widerstrebt», sagt von Daniels. «Möglicherweise werden dadurch Wählergruppen mobilisiert, auch wirklich an die Urne zu gehen. Dann könnte es für die Demokraten noch knapp reichen, um diese Wahl für sich zu entscheiden.»
Harris teilt aus
Auch Harris gab sich in ihrer ersten Rede nach Bidens Rückzug angriffig. In ihrer Zeit als Generalstaatsanwältin habe sie es mit Tätern aller Art zu tun bekommen. «Sexualstraftäter, die Frauen missbrauchen, Betrüger, die Konsumenten abzocken und die Regeln zu ihrem eigenen Vorteil brechen. Ich kenne Typen wie Trump.»
Zu einem zentralen Wahlkampfthema will die 59-Jährige das Recht auf Abtreibung machen. «Wir werden für die reproduktive Freiheit kämpfen. Im Wissen darum, dass Trump, wenn er die Chance bekommt, ein Abtreibungsverbot unterzeichnen wird, um Abtreibungen in jedem einzelnen Bundesstaat zu verbieten.»
Nur nicht provozieren lassen
Die nächsten Wochen dürften gehässig werden. Wie schon vor acht Jahren, als Hillary Clinton ins Duell mit Trump stieg – und selbst unter die Gürtellinie zielte. Schliesslich packte sie Trumps Anhänger in den «Korb der Erbärmlichen». Es war der Anfang vom Ende ihrer Kandidatur.
USA-Expertin von Daniels rät Harris denn auch, sich nicht provozieren zu lassen. «Sie sollte selber Themen setzen und eine eigene Rhetorik finden.» Vor allem aber werde sie eines brauchen: Gelassenheit.