Ein Raum voller schwarzer Journalistinnen und Journalisten ist nicht gerade die Trump-freundlichste Umgebung. Nur etwa jede zehnte Stimme von schwarzen Wählerinnen und Wählern ging 2020 an Trump. Doch in der Fragerunde ging Trump von Anfang an in die Offensive – als er darauf angesprochen wurde, wie er in der Vergangenheit immer wieder Journalistinnen und Politiker mit dunkler Hautfarbe angriff.
«Ich wurde noch nie auf eine solch fürchterliche Art befragt», entgegnete Trump einer von drei schwarzen Journalistinnen, die ihn interviewten. Und er schob nach: «Sie sagen nicht einmal: Hallo, wie gehts ihnen? Sie arbeiten für ABC? Das ist ein Fake-News-Fernsehsender, ein fürchterlicher Sender. Es ist schändlich.»
Kurz darauf kam Trump auf Kamala Harris zu sprechen: «Sie war immer indischer Abstammung und hat ausschliesslich damit geworben. Ich wusste nicht, dass sie schwarz ist bis vor einigen Jahren. Sie will jetzt als schwarz gelten. Ist sie nun indisch oder schwarz? Ich respektiere beide Ethnien, aber sie ist offensichtlich nicht schwarz, weil sie war ganz und gar indisch, dann plötzlich, macht sie eine Kehrtwendung und wurde zur Schwarzen.»
Wider alle Fakten
Trump scheint sagen zu wollen, Kamala Harris sei keine richtige Schwarze, versuche aber vom Minderheitenbonus zu profitieren. Das ist, wie vieles, was Trump sagt, nicht wahr. Kamala Harris hat eine indisch-stämmige Mutter und einen Vater aus Jamaika. Sie sieht sich schon lange als Amerikanerin mit asiatischen, konkret indischen Wurzeln – aber auch als Schwarze. Sie besuchte ein prominentes afroamerikanisches College in den USA, im US-Kongress gehörte sie der Vereinigung afroamerikanischer Parlamentarierinnen und Parlamentarier an.
Harris selbst reagierte an einer Wahlkampfveranstaltung auf Trumps Behauptungen wie folgt: «Es war die gleiche, alte Show. Das Spalten, die Respektlosigkeit. Das amerikanische Volk verdient Besseres.»
Wieder im Rampenlicht
Trumps Aussagen sind tatsächlich Teil einer alten Show. Sie schaden ihm vielleicht bei der schwarzen Wählerschaft. Aber sie gehören auch zu einem bewährten Repertoire. Trump attackiert auf diese Weise seit Jahren seine politischen Gegner. Er macht seine Anwürfe häufig scheinbar beiläufig – aber er kontrolliert damit meisterhaft den News-Zyklus der unersättlichen US-Medien.
So auch dieses Mal: Trumps Unwahrheiten zur Herkunft von Harris machten sofort Schlagzeilen und prangen auf den Titelseiten der Zeitungen. Das Weisse Haus reagierte empört. Die Aufmerksamkeit gilt nun wieder Trump, nachdem er in letzter Zeit überschattet wurde von Kamala Harris, die mit ihrer Kandidatur einen Blitzstart hinlegte.
Der rassistische Unterton
Häufig sind diese Aussagen nicht offen rassistisch, aber der rassistische Unterton ist unüberhörbar. Trumps Anhänger wissen, was er meint, und es scheint anzukommen.
Für Trump zahlt sich das aus: Vor Jahren war er ein prominenter Vertreter der Theorie, wonach der damalige Präsident Barack Obama womöglich nicht in den USA geboren worden sei, was ihn für das Präsidentenamt disqualifizieren würde. Der Subtext war klar: Obama sei kein richtiger Amerikaner. Geschadet hat es Trump offenbar nicht. Die Lüge um Obamas Herkunft verschaffte ihm viel Aufmerksamkeit und 2016 wurde er zum Präsidenten gewählt.