J.D. Vance wird zunächst einmal das Gesicht des republikanischen Kandidatentickets erheblich verjüngen. Der ehemalige Starautor, der mit seiner «Hillbilly-Elegy» das Phänomen Trump einst so treffend beschrieben hat und als Trump-Erklärer von der liberalen Ost- und Westküsten-Intelligenzia gefeiert wurde, ist mit seinen 39 Jahren der jüngste Vizepräsidentschaftskandidat seit Richard Nixon. Dieser war in den 1950er-Jahren Vizepräsident von Dwight D. Eisenhower, bevor er – nach einer gescheiterten Kandidatur gegen John F. Kennedy – 1969 selbst zum Präsidenten wurde.
Dass Vance aus einfachsten Verhältnissen stammt, es dann aber über eine Karriere bei den US-Marines bis zur renommierten Yale Law School schaffte, verleiht dem Ticket Trump/Vance eine Aufsteiger-Erzählung, die Trump selbst nicht erzählen kann.
Der Mann für die scharfen Töne
Allerdings kann Vance, der sich vom starken Trump-Kritiker zum überzeugten Trump-Anhänger gewandelt hat, einen weiteren Wandel nicht mehr überzeugend darstellen: Denjenigen vom Kulturkrieger und scharfen Rhetoriker zum Politiker der versöhnlicheren Töne – so wie es Trump nach dem Attentat auf seine Person nun offenbar vorhat.
Vance war nach den Schüssen auf Trump einer der Ersten, der die Demokraten und Präsident Biden für das Attentat verantwortlich machte – und so sofort neues Öl ins Feuer goss. Vielleicht sucht Trump aber genau das: Vance wird für ihn die scharfen Angriffe weiterführen können, während Trump sich versöhnlicher geben kann.
Partei: Ein weiterer Rutsch nach rechts
Gleichzeitig vervollständigt Trump mit seiner Wahl den Übergang der Republikanischen Partei von einer Business- und Aussenpolitik orientierten, staatstragenden Partei zu einem Rechtsaussen-Konservatismus, der unter Trumps «Make America Great Again» aufgeblüht ist.
Die Wahl von J.D. Vance zum Vizepräsidentschaftskandidaten wird das Trump’sche Wählerinnen- und Wählerpotenzial kaum erweitern. Aber sie bedeutet, dass sich die Republikanische Partei unter einem Trump-Vance-Ticket weiter von den alten Ideologien von einem schmalen Staat, Wirtschafts- und Aussenpolitik entfernen und sich eher anderen (Kulturkampf-) Themen zuwenden wird.