Wo beginnen, wenn es um Trump geht? Bei seiner jüngsten faschistischen Rhetorik? «Ungeziefer» nannte er seine politischen Gegner kürzlich. Ungeziefer, das es «auszurotten» gelte. An anderer Stelle sagte er, Einwanderer würden «das Blut unserer Nation vergiften». Er benutzt diese gewalttätige Sprache gezielt.
Oder bei einem seiner vielen Gerichtsverfahren, in die er verwickelt ist? Wir müssen noch nicht einmal dasjenige wegen Aufwiegelung zum Umsturz (Sturm aufs Kapitol vom 6. Januar) nehmen, das am Tag vor dem «Super Tuesday», dem Tag, an dem in besonders vielen Bundesstaaten Vorwahlen stattfinden, beginnen soll.
Auch nicht dasjenige wegen versuchten Wahlbetrugs in Georgia oder den Prozess wegen mutmasslicher Spionage im Falle der widerrechtlich aus dem Weissen Haus entwendeten Geheimpapiere. Es reicht, auf die Verfahren zu schauen, in denen es um die Frage geht, ob Trump überhaupt berechtigt ist, an den Wahlen teilzunehmen.
USA droht Verfassungskrise
In Colorado und Maine haben das Oberste Gericht beziehungsweise die Secretary of State entschieden, dass Donald Trump von den Vorwahlen auszuschliessen sei. Die beiden Bundesstaaten berufen sich dabei auf den 3. Absatz des 14. Zusatzartikels der US-Verfassung, der von jeglicher Wahl ausschliesst «wer an einem Aufstand oder einer Rebellion gegen die Verfassung teilgenommen oder sie unterstützt oder dazu ermutigt» hat.
Trump hat dagegen Berufung eingelegt, der Oberste Gerichtshof der USA will am 8. Februar darüber verhandeln. Es sind nur Vorboten der mannigfaltigen Verfassungskrisen, in die ein Kandidat Trump die USA in diesem Jahr stürzen wird. Geschweige denn, ein gewählter Präsident Trump.
Er würde am Tag seiner Amtseinführung die erste Straftat seiner zweiten Amtszeit begehen.
«Falls Donald Trump die Wahlen gewinnt», schreibt der konservative Autor David Frum in der ausschliesslich einer möglichen zweiten Amtszeit Trumps gewidmeten Neujahrsausgabe des Magazins «The Atlantic», «dann wird er am Tag seiner Amtseinführung die erste Straftat seiner zweiten Amtszeit begehen: Sein Schwur, die Verfassung zu schützen, wird Meineid sein.»
Weder «The Atlantic» noch dessen Autor David Frum sind linke Ideologen. Frum diente George W. Bush als Redenschreiber und Special Assistant, er schreibt sich auf die Fahne, dessen Ausdruck von der «Achse des Bösen» mitgeprägt zu haben.
Doch eine zweite Amtszeit von Donald Trump würde für Frum die USA vom Moment seiner Wahl an in eine Verfassungskrise stürzen, nach seinen Worten «schrecklicher als alles, was wir seit dem Bürgerkrieg gesehen haben». Der Präsident, so Frum, wäre ein Outlaw, oder auf dem Weg, ein solcher zu werden. «Für sein eigenes Überleben müsste er die Rechtsordnung zerstören.»
Er setzt faschistische Methoden ein.
Frum ist nicht der einzige Konservative, der sich um die Zukunft der USA sorgt, sollte Trump tatsächlich ins Weisse Haus zurückkehren. Liz Cheney, ehemals die dritthöchste Republikanerin im Repräsentantenhaus und aus erzkonservativem Haus – ihr Vater Dick Cheney war Verteidigungsminister unter dem ersten und Vizepräsident unter dem zweiten Bush –, wurde von ihrer Partei abgestraft, nachdem sie im Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses die Untersuchung zum Kapitolsturm mitgeleitet und Trump schwer beschuldigt hatte.
In einem viel beachteten Interview mit dem Fernsehsender CBS sagte sie über Trump: «Er setzt faschistische Methoden ein. Die Werkzeuge, die er einsetzt, sind dieselben, die sonst Autokraten, Faschisten und Tyrannen rund um den Globus einsetzen.» Für Cheney ist klar: «Man kann nicht gleichzeitig die Verfassung stützen und für Trump sein.»
An all diesen Stellen könnte man beginnen, wenn es um Trump geht, und es ist schwierig, darob klaren Kopf zu behalten.
Ölförderung und globale Zölle
Möglicherweise ist es also am zielführendsten, sich die konkreten Ankündigungen des Bewerbers Trump anzuschauen. Denn hinter den Kulissen arbeiten Trump und seine Unterstützer an detaillierten Plänen, um die Fehler von 2016 zu vermeiden, als Trump unvorbereitet und mit einer unerfahrenen Mannschaft ins Weisse Haus einzog.
Wir bereiten uns systematisch darauf vor, quasi als Waffen eingesetzte Konservative ins Amt zu bringen.
Paul Dans arbeitete damals für Trump, heute leitet er bei der konservativen Heritage Foundation das «Projekt 2025». Dans sagt: «Wir bereiten uns systematisch darauf vor, eine Armee von auf Linie gebrachten, gut ausgebildeten und quasi als Waffen eingesetzten Konservativen ins Amt zu bringen, die bereit sind, gegen den ‹Deep State› anzukämpfen.»
Trump selbst kündigt an, noch am ersten Tag eine umstrittene Exekutivorder wieder in Kraft zu setzen, wonach der Präsident jeden beliebigen Angestellten der Verwaltung jederzeit entlassen kann.
Von fliegenden Autos bis zu Zeltstädten für Obdachlose
Seine politischen Pläne nennt Trump «Agenda47», getreu der Nummerierung der amerikanischen Präsidenten. Zu finden sind sie auf seiner Wahlkampfplattform.
Manche der Pläne tönen nach reiner Utopie: Seine Regierung wolle in fliegende Autos investieren oder auf Bundesland sogenannte «Freedom Cities» bauen, wo keine oder kaum Vorschriften herrschen. Andere sind höchst kontrovers, wie der Plan, Obdachlose in Zeltstädte ausserhalb der urbanen Zentren zu verfrachten, bis Psychiater, Sozialarbeiter oder Drogenärzte eine Lösung für sie gefunden hätten.
Vor allem aber hat Trump eine klare wirtschaftliche Agenda: «Wenn ich zurück im Weissen Haus bin, werde ich augenblicklich die Energieproduktion entfesseln, die gesetzlichen Regulierungen streichen und Bidens Steuererhöhungen widerrufen.» Auch den internationalen Handel will Trump auf den Kopf stellen: «Wir sind heute die Partei der Zölle», so ein Stratege Trumps.
Die Welt verändern
Rückzug auf die USA. Isolationismus. Schwächung der Bündnisse. Keine Rücksicht auf die Umwelt. Steuersenkungen. Massendeportationen illegal Eingewanderter. Globale Zölle. Eine zweite Amtszeit Donald Trumps würde die USA in bisher unvorstellbarem Masse verändern. Und die Welt dazu.
Es ist weder sicher, dass Trump der republikanische Kandidat wird, noch, dass er eine Wahl auch gewinnen würde. Doch was er vorhat, sagt er in aller Deutlichkeit.