Nikki Haley will die offizielle republikanische Kandidatin für die Präsidentschaftswahl werden. Heute steht hierfür in South Carolina, wo sie einst Gouverneurin war, die Vorwahl an. Ihre Chancen sind schlecht. Lohnt sich der Wahlkampf dennoch?
Szenario 1: Donald Trump fällt aus
Trump ist 77 Jahre alt. Sollte er bei der Präsidentschaftswahl am 5. November gewinnen, wäre er beim Amtsantritt 78 Jahre alt. Er wäre dann sogar noch einige Monate älter als der derzeitige Präsident Joe Biden bei dessen Amtsantritt. Trump brüstet sich zwar mit bester Gesundheit. Doch seine Gesundheitschecks während seiner Zeit im Weissen Haus offenbarten Fettleibigkeit und Herzprobleme.
Dann sind da noch seine juristischen Probleme. Darunter sind vier Strafverfahren – unter anderem wegen seiner Versuche, das Ergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen. Rein theoretisch könnte Trump aber sogar aus dem Gefängnis regieren. Zudem ist eine mögliche Verurteilung vor der Wahl unwahrscheinlich.
Sollte der unwahrscheinliche Fall eintreten, dass Trump ausfällt, wäre es Haleys Chance, die Lücke zu füllen. Dann ist sie auf die Unterstützung seiner Anhänger angewiesen. Zwar hat Haley Trump zuletzt recht deutlich angegriffen. Doch bisher zögerte sie, ihn wegen seiner Lügen über angeblichen Wahlbetrug klar zu verurteilen. Damit würde sie seine Anhänger verprellen.
Szenario 2: Haley wird Trumps Vize
In der Regel versuchen Präsidentschaftskandidaten mit ihrem «Running Mate» jemanden an ihre Seite zu holen, der Wählergruppen anspricht, die sie selbst eher nicht erreichen. Nach dieser Logik wäre Haley die perfekte Kandidatin: Sie ist eine Frau, Tochter indischer Einwanderer und gilt als gemässigter als Trump.
Im moderaten New Hampshire konnte sie bei der Vorwahl 43 Prozent der Stimmen für sich gewinnen, Trump kam auf 54 Prozent. Das Rennen hat noch einmal deutlich gemacht, dass Haley besonders bei gemässigteren Wählenden gut ankommt.
Haley selbst hat ausgeschlossen, Trumps Vize zu werden. Sie hatte einst aber auch ausgeschlossen, sich für die Präsidentschaftskandidatur zu bewerben, sollte Trump antreten.
Szenario 3: Haley tritt als unabhängige Kandidatin an
Umfragen zeigen, dass viele republikanische Haley-Unterstützer bei einer Neuauflage des Rennens zwischen Trump und Biden nicht für Trump stimmen würden, sondern für den Demokraten Biden. Würde Haley als unabhängige Kandidatin ins Rennen gehen, könnte sie Trump also die notwendigen Stimmen für einen Sieg gegen Biden kosten.
Es ist Beobachterinnen und Beobachtern nach zwar unwahrscheinlich, dass Haley das erreichen will. Denn ihr politisches Feindbild bleibt Biden. Dennoch dürfte auch Trump wissen, dass Haley ihn um einen Sieg bringen könnte. Das gibt ihr Macht.
Szenario 4: Haley will 2028 ins Weisse Haus
In den USA kann eine Person zwei Amtszeiten lang Präsident sein, unabhängig davon, ob diese aufeinander folgen oder nicht. Das heisst: Sollte Trump die Wahl im November gewinnen, könnte er danach nicht noch einmal antreten.
Schliesslich könnte Trump bei der Wahl im November auch gegen Biden verlieren. Sollte sie vor der Wahl nicht in sein Lager wechseln, wäre eine Niederlage Trumps Haleys «Ich habs euch ja gesagt»-Moment, so Elaine Kamarck von der US-Denkfabrik Brookings. Haley könnte dann den Weg für einen Generationswechsel in der republikanischen Partei ebnen – und würde sich für eine Kandidatur 2028 empfehlen.