Was lästerte Donald Trump im Wahlkampf nicht über den «Washingtoner Sumpf», wie er die Insider im Weissen Haus zu diffamieren pflegte. Nun setzt er beim ersten grossen Personalentscheid ausgerechnet auf den Insider Reince Priebus und macht ihn zum Stabschef. Chefstratege soll Steven Bannon werden, jener radikale Populist, dessen rechte Verschwörungswebsite «Breitbart News» zu Trumps Nachrichtenkanal wurde. Fragen an Boris Vormann, Professor am John F.-Kennedy-Institut der Freien Universität Berlin.
SRF News: Machen diese Nominierungen Sinn aus Trumps Sicht?
Boris Vormann: Es wird hier eine Taktik sichtbar, die Trump bereits im Wahlkampf angewandt hat. Bei dieser Art von «Teile-und-herrsche»-Strategie hat er die beiden unter sich umgeschichtet, um sie zu vereinen: Auf der einen Seite den in der republikanischen Partei als gemässigt geltenden Reince Priebus mit guten Kontakten zum Sprecher des Repräsentantenhauses, Paul Ryan. Auf der anderen Seite den ultrarechten Steven Bannon, bekannt für seinen Medienkanal und seine populistische Propaganda. Die Idee von Trump: Um die eigene Machtposition weiter zu stärken, sollen Bannon und Priebus den Kampf unter sich austragen.
Wie gross ist der Spagat, den Trump mit diesen Personalentscheiden macht?
Es ist ein gewisser Spagat. Trump hat ja auch die ultra-rechten Geister heraufbeschworen, die er jetzt bändigen muss. Er betonte auch, dass Bannon nun «Chefstratege» werde, was bekanntlich kein institutionalisierter Posten ist. Die wichtigere Position hat also Stabschef Priebus, der jetzt die Zugänge zum Präsidenten kontrollieren und organisieren wird. Priebus wird auch das Verbindungsglied zum Verteidigungsministerium und den sicherheitspolitischen Institutionen.
Hatte Trump überhaupt eine Alternative zu diesem Spagat?
Trump hatte aus meiner Sicht keine Alternative, denn er spielte während des Wahlkampfs tatsächlich mit dem Feuer. Durchaus rechtsextreme Gruppen sind sehenden Auges miteinbegriffen worden. Zwar ruderte Trump ein paar Mal zurück, als sich auch die Anhänger der «White Supremacy» (Weisse Vorherrschaft) für ihn zu Wort meldeten. Er hat sie aber auch nicht zurückgewiesen. Diese Gruppen muss er jetzt irgendwie einbinden mit diesen Spagat.
Ist Priebus für Trump wichtig, weil er die Kontakte zum Establishment braucht?
Absolut. Das ist genau der Vorteil, mit dem Trump ins Rennen gegangen ist. Er konnte sich als «Anti-Establishment» geben. Als Milliardär braucht er im Gegensatz zu Hillary Clinton nicht einmal das grosse Geld zur Unterstützung. Das war der grosse Kontrast zwischen den beiden, den Trump im Wahlkampf immer wieder betont hat, und der letztlich auch erfolgreich war. Nun ist er allerdings in einem gewissen Dilemma. Er möchte den «Sumpf» trockenlegen, muss aber natürlich auch nach Washington DC ziehen und die dortigen Kontakte pflegen. Die Frage ist, wie lange er die Rhetorik vom Aussenseiter überhaupt noch aufrechterhalten kann.
Wie lange geben Sie diesem Dreier-Gespann?
Zwei Jahre lang ist dies alles relativ wasserdicht. Dann kommen die nächsten Kongresswahlen. Da kann es passieren, dass der Senat und das Abgeordnetenhaus wieder an die Demokraten gehen und man institutionell besser Gegenwehr leisten kann. Bis dahin kann Trump relativ stark regieren, insbesondere auch im aussenpolitischen Bereich.
Das Gespräch führte Simon Leu.