Die US-Regierung hat Kuba erneut auf die Terrorliste gesetzt – kurz vor dem Ende von Präsident Donald Trumps Amtszeit. Aussenminister Mike Pompeo sagte, das kubanische Regime müsse seine Unterstützung für den internationalen Terrorismus beenden. Lateinamerika-Forscher Bert Hoffmann hält diese Begründung für eine politische Konstruktion.
SRF News: Die USA setzen Kuba nach fünf Jahren wieder auf die Terrorismusliste. Was bedeutet das für die Insel?
Bert Hoffmann: Es bedeutet, dass die Hürden für eine Normalisierung der Beziehungen, wie sie Joe Biden in Aussicht gestellt hat, zunächst noch höher werden. Geschäftsbeziehungen zu Kuba werden schwieriger, ausländische Investoren werden Probleme haben, einer kubanischen Bank Geld zu senden.
Kuba lege bösartiges Verhalten an den Tag, auch mit Blick auf Venezuela, lautet die Begründung der USA. Halten Sie das für stichhaltig?
Nein. Kuba ist zwar ein Verbündeter von Venezuela. Und die venezolanische Regierung ist sehr autoritär. Aber es gibt viele Diktaturen, viele autoritäre Regimes auf der Welt. Das ist nicht, was Terrorismus meint. Insofern ist das eine politische Konstruktion. Dass diese Unterstützung den USA offiziell nicht gefällt und als Terrorismusunterstützung eingestuft wird, ist ein Schlag gegen Biden.
Die USA hatten Kuba 2015 von der Terrorliste entfernt. Joe Biden hat bereits angekündigt, Barack Obamas Politik der Annäherung wieder aufnehmen zu wollen. Wie stark wird das nun erschwert?
Es ist nicht so leicht, das Land wieder von der Liste herunterzunehmen. Biden wird wahrscheinlich eher vorsichtig agieren. Als Erstes wird er bei den Überweisungen der Auslandskubaner ansetzen und diese wieder möglich machen. Denn in dem Punkt sind die Auslandskubaner sehr gespalten.
Auslandskubaner wollen Kubas Regierung eigentlich nicht unterstützen, aber sie wollen ihrer Tante, die auf der Insel lebt, Geld senden.
Sie wollen Kubas Regierung eigentlich nicht unterstützen, aber sie wollen ihre Tante unterstützen, die auf der Insel lebt, und wollen ihr auch Geld senden. Das hat Trump erschwert: Western Union musste alle Büros schliessen.
Könnte das die desolate Wirtschaftslage in Kuba verbessern?
Diese Rücküberweisungen würden Verbesserung bringen, keine Frage. Sie waren die zweitgrösste Devisenquelle des Landes, noch vor dem Tourismus. Der Tourismus liegt momentan brach. Es ist also wichtig, dass diese Geldflüsse wieder kommen. Trotzdem bleibt die wirtschaftliche Lage prekär.
Wird Biden damit in den USA nicht auf neue Kritiker treffen?
Das wird er bei jedem Schritt, den er tut. Er übernimmt ein sehr gespaltenes Land. Insofern wird er sehr vorsichtig sein. Grosse symbolische Schritte – Obama war nach Havanna gereist – wird Biden nicht tun. Er wird Schritte wählen, die nicht polarisieren, aber etwas mehr Normalität herstellen.
An eine richtige Normalisierung des Reiseverkehrs glaube ich nicht, nicht so schnell.
Dazu gehört auch die Kooperation bei Migrationsfragen. Beim Reiseverkehr wird es schon schwieriger. Diesen hatte Obama auch flexibilisiert. US-Bürger konnten unter gewissen Bedingungen nach Kuba reisen. Biden wird auch hier versuchen, ein bisschen mehr möglich zu machen. Aber an eine richtige Normalisierung des Reiseverkehrs glaube ich nicht – nicht so schnell.
Wie reagiert die kubanische Seite?
Die Vorwürfe wurden zurückgewiesen. Kuba ist nicht interessiert daran, mit Terrorismus in Verbindung gebracht zu werden. Seit Raúl Castro hat das Land versucht, sich als Vermittler auf der internationalen Bühne zu präsentieren, etwa beim kolumbianischen Bürgerkrieg. Kuba wird versuchen, mit Biden wieder eine etwas entspanntere internationale Beziehung zu bekommen.
Das Gespräch führte Rino Curti.