Nur noch 29 Prozent der Amerikanerinnen und Amerikaner sind mit der Demokratischen Partei zufrieden. Das zeigt eine Umfrage von CNN. Christoph Lammert ist USA-Experte. Er sieht die Partei unter Zugzwang.
SRF News: Haben die US-Demokraten das Vertrauen in der Bevölkerung verloren?
Christian Lammert: Einerseits dominieren Trump und die Republikaner den öffentlichen Diskurs total, die Demokraten kommen gar nicht mehr vor. Und weil sie nicht gehört werden, wissen die Leute nicht, was sie von ihnen erwarten können. Andererseits sind die Demokraten nach der verlorenen Wahl in eine Art Schockstarre verfallen, eine Strategie, wie man mit Trump umgehen soll, gibt es nicht. Und so können sie die Unzufriedenheit mit Trump in der Bevölkerung – und die gibt es durchaus – nicht in eine produktive Oppositionspolitik ummünzen.
Was müssen die Demokraten tun, um wieder an Einfluss zu gewinnen?
Sie müssen sich inhaltlich neu aufstellen und überlegen, wie sie die verloren gegangenen Wählerschichten wieder ansprechen können. Ausserdem müssen sie sich überlegen, mit welchem Personal sie dies tun wollen.
Die Demokraten geben gerade keine gute Aussendarstellung ab.
Dabei gibt es momentan noch viel Streit zwischen den altgedienten Politikerinnen und Politikern sowie der jüngeren Generation, der auch nach aussen getragen wird. Dabei geben die Demokraten gerade keine gute Aussendarstellung ab.
Wer könnte die Führung bei den Demokraten übernehmen?
Derzeit ist der 83-jährige Bernie Sanders so etwas wie eine Galionsfigur für die Demokraten. Er befindet sich auf einer Reise durch die USA, um gegen die Oligarchie zu agitieren. Seine Auftritte sind gut besucht und zeigen, dass die Leute Politiker sehen wollen, die aufstehen und ein Programm haben. Doch bei den Demokraten als Ganzes ist weit und breit kein Plan zu sehen.
Ist man sich in der Demokratischen Partei überhaupt einig darin, wofür man steht?
Das ist tatsächlich eine grosse Herausforderung: Die Partei hat sich in den letzten 20 Jahren etwas von der Arbeiterklasse und der Mittelklasse abgewendet und sich zu einer Partei entwickelt, die für die Globalisierung steht. Doch das wollen viele Wählerinnen und Wähler nicht mehr.
Weil die Demokraten keine Ideen präsentieren, rennen die Wählerinnen und Wähler Politikern wie Donald Trump hinterher.
Und den Demokraten fehlt eine Utopie, wie man die wirtschaftliche Entwicklung in einer globalisierten Welt so gestalten kann, dass auch die Arbeiter- und Mittelschicht in den USA profitiert. Weil die Demokraten keine Ideen präsentieren, rennen die Wählerinnen und Wähler Politikern wie Donald Trump hinterher, die grosse Versprechen machen, die sie dann aber nicht einlösen können.
Laut der CNN-Umfrage ist ein Drittel der Befragten weder mit den Demokraten noch mit den Republikanern zufrieden. Was ist mit diesen Leuten?
Seit einigen Jahren nimmt in den USA die Zufriedenheit mit der Politik und den Institutionen kontinuierlich ab. Das ist ein grosses Problem für die Demokratie an und für sich – und dieses Problem besteht auch in vielen anderen westlichen Demokratien. Das zeigt sich etwa darin, dass amtierende Regierungen bei Wahlen immer öfter verlieren, während extreme Parteien zulegen.
Die Zustimmungswerte zu politischen Institutionen und Akteuren liegen auf rekordtiefen Werten.
Offensichtlich fehlt das Vertrauen in die Problemlösungskapazität der politischen Systeme und deren Akteure. In den USA ist das extrem ausgeprägt. So liegen die Zustimmungswerte zu politischen Institutionen und Akteuren auf rekordtiefen Werten. Darauf muss das politische System Antworten finden. Jetzt stellt sich die Frage, ob das Chaotische, Disruptive, das die Trump-Regierung gerade macht, für die US-Wirtschaft die richtige Strategie ist.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.