US-Präsident Donald Trump hat eine sehr solide Volkswirtschaft übernommen, da sind sich die Fachleute weitgehend einig. Doch die Aussichten sehen sie getrübt. So sind die Börsenkurse zuletzt dramatisch gesunken, und die Arbeitsmarktdaten sind nicht so gut wie erwartet. Wirtschaftsprofessor Alfred Mettler spricht von grossen Unsicherheiten.
SRF News: Wie ist Ihr Eindruck von der US-Wirtschaft?
Alfred Mettler: Die Ära Biden ist vorbei und die Wirtschaft ist immer noch relativ stark. Die Börse schwächelt zwar ein wenig, aber sie hat sich in den letzten fünf Jahren immerhin verdoppelt. Die Arbeitslosigkeit ist für amerikanische Verhältnisse relativ tief. Die Konjunktur ist nach wie vor stark. Die USA sind weiterhin die stärkste Wirtschaft und in allen aufstrebenden Bereichen hervorragend positioniert – sei es KI, Wissenschaft, Pharma oder Rüstung. Jetzt gibt es aber ein paar graue bis dunkle Wolken. Da wissen wir nicht recht, ob sie vorbeiziehen oder ob es ein Gewitter mit grossen Schäden gibt. Das wird sich in den nächsten Monaten zeigen.
Welcher Kurs zeichnet sich innenpolitisch bei Trumps Konjunkturpolitik ab?
Das ist eine der ganz grossen Unsicherheiten. Einerseits gibt es bei diesen Investitionsprogrammen, welche die Biden-Administration angestossen hat, viele Fragezeichen. Bleiben sie? Blockieren Trump und seine Administration die Auszahlungen? Wird das rückgängig gemacht?
Inneramerikanisch weiss im Moment niemand so recht, wie es weitergehen wird.
Ebenfalls unklar ist, was mit der Inflation passiert. Auch das würde die Konjunktur relativ stark beeinflussen. Und ein weiterer Punkt: Wo setzt die Trump-Administration, inklusive Elon Musk, das Messer jetzt wirklich an? In der Verwaltung? Wird sich das auf die Konjunktur auswirken und wie? Inneramerikanisch weiss im Moment niemand so recht, wie es weitergehen wird.
Auch bei den Zöllen gibt es Unsicherheiten. Wie gut ist die US-Wirtschaft vorbereitet?
Wenn es dazu kommt, werden wir eines der grössten wirtschaftlichen Experimente sehen – mit total ungewissem Ausgang. Das würde sich nicht nur auf die amerikanische Konjunktur auswirken, sondern auf die Weltkonjunktur, je nachdem, wie ein bestimmtes Land mit den USA verflochten ist. Vorbereitet ist im Prinzip niemand oder war niemand, bis Trump wirklich gewählt wurde. Und jetzt überlegt man überall in den Unternehmen, wie man damit umgehen soll.
Vorbereitet ist im Prinzip niemand oder war niemand, bis Trump wirklich gewählt wurde.
Bis jetzt sind die Zölle noch relativ moderat oder sie wurden gross verkündet und wieder zurückgenommen. Sollte es so kommen, haben die Unternehmen im Grunde zwei Möglichkeiten: Sie könnten die durch die Importe erhöhten Kosten direkt an ihre Kunden weitergeben, was zu Inflation führen würde. Oder sie müssten einen Teil dieser höheren Kosten selber absorbieren, was wiederum sinkende Unternehmensgewinne nach sich ziehen würde und für die Börse nicht so gut wäre. So oder so: Es gibt keine gute Lösung.
Wie wichtig ist das, was in den nächsten Monaten in den USA geschieht, für die Schweizer Wirtschaft?
Die Beziehungen zwischen den USA und der Schweiz sind in den letzten zehn bis 15 Jahren immer besser geworden – völlig egal, ob die US-Regierung demokratisch oder republikanisch war. Was klar ist, sind die konjunkturellen Abhängigkeiten. Gäbe es einen Wirtschaftsabschwung in den USA, würden das auch all die Schweizer Zulieferfirmen oder diejenigen, die in die USA exportieren, spüren. An einen fundamentalen Wirtschaftsabschwung in den USA glaube ich nicht unbedingt, also sehe ich diese Gefahr nicht so sehr.
Das Gespräch führte Amir Ali.