Die Kantonsregierungen unterstützen den Kurs des Bundesrats für die Verhandlungen mit der EU. 24 von 26 Kantonen begrüssen den Mandatsentwurf, erwarten jedoch klare Fortschritte, etwa bei Forschungs- und Bildungsprogrammen oder der Personenfreizügigkeit. Ruth Wittwer, Bundeshaus-Korrespondentin, ordnet ein.
Worum geht es im Entwurf des EU-Verhandlungsmandats?
Die Europäische Union und die Schweiz wollen in diesem Jahr ein Paketabkommen beschliessen. Als Grundlage für die kommenden Verhandlungen mit der EU hat der Bundesrat den Entwurf eines Verhandlungsmandats vorgelegt. Es ist das Ergebnis monatelanger Vorverhandlungen mit der EU.
Auf der Basis des Mandatsentwurfs sollen die Marktzugangsabkommen und Kooperationsprogramme erneuert werden. Ziel ist es, den bilateralen Weg langfristig weiterzuentwickeln und auch neue Abkommen abzuschliessen. Anders als beim gescheiterten Rahmenabkommen geht es jetzt um ein Paket von Verträgen. Die ungelösten institutionellen Fragen sollen separat in den einzelnen Abkommen geregelt werden. Das erlaubt Ausnahmen.
Gibt es bei der Personenfreizügigkeit Ausnahmen für die Schweiz?
Im Bereich der Personenfreizügigkeit konnte die Schweiz der EU mehrere Ausnahmen abringen. So soll es etwa beim Lohnschutz eine Absicherung geben (Non-Regression-Clause). Das bedeutet, dass die Schweiz dort künftige Verschlechterungen nicht übernehmen muss.
Die Unionsbürgerrichtlinie soll für die Schweiz nur beschränkt gelten. Aus der EU Eingewanderte müssen Arbeit haben, erst dann erhalten sie nach fünf Jahren ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht. Danach aber hätten Zugewanderte ein Bleiberecht, auch wenn sie Sozialhilfe benötigen. Das würde Mehrkosten für die Schweiz bedeuten.
Was bedeutet das EU-Verhandlungsmandat für die Schweizer Forschung – Stichwort «Horizon Europe»?
Die EU-Programme in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation konnte die Schweiz in den Vorgesprächen deblockieren. Gespräche laufen, wie die Schweiz wieder vollwertig dabei sein kann; etwa beim Forschungsprogramm «Horizon Europe». Bei Lebensmittelsicherheit, Strom, Gesundheit sollen auch neue Abkommen und eine Kooperation diskutiert werden.
Was ist mit dem Streitpunkt Lohnschutz?
Der Schutz der hohen Schweizer Löhne ist ein Dauerbrenner. Die Schweiz konnte gewisse Garantien aushandeln, aber sie soll auch nachgeben. EU-Firmen müssen Geld hinterlegen, bevor ihre Mitarbeiter in der Schweiz einen Auftrag ausführen dürfen. Dieses Pfand ist die Busse für Lohndumping.
Doch die Regelung wackelt in einigen Fällen, sehr zum Ärger der SP und den Gewerkschaften. Sie kritisieren auch die neue Spesenregelung der EU. Sie würde den Firmen im Ausland erlauben, ihren entsandten Mitarbeitenden tiefere Spesen zu zahlen.
Was ist mit den institutionellen Fragen wie der Übernahme von EU-Recht?
Hier dürfte die Schweiz einige Konzessionen machen müssen. An der dynamischen Übernahme von EU-Recht hält die EU weiter fest, so auch beim freien Personenverkehr und weiteren Bereichen. Wenn die Schweiz nicht mitmacht, könnte sie das etwas kosten. Und wenn sich die Schweiz und die EU in bestimmten Punkten uneinig sind, soll der Gerichtshof der EU das letzte Wort haben. Vor allem die SVP lehnt das vehement ab.