Das Asylrecht zu verschärfen, war und bleibt das grosse Wahlversprechen von Geert Wilders Partei für Freiheit, PVV, welche vor einem Jahr den grössten Wählerzuspruch erhielt. Nach wochenlangen Verhandlungen wurde nun ein Kompromiss in der Regierung gefunden. Doch das Ergebnis zeigt einmal mehr: Die Ankündigungen sind vollmundig. Die politische Realität ist eine andere.
Wahlkampf in der Endlosschlaufe
Wilders Partei ist immer noch im Wahlkampf, obwohl die Wahlen schon ein Jahr zurückliegen und die Ein-Mann-Partei für Freiheit eigentlich den Kurs einer Regierungskoalition prägen sollte. Wilders versprach, das niederländische Asylrecht an den beiden Parlamentskammern vorbei auszuhebeln und per Notrecht zu entscheiden. Darum spricht er bei Migrationsfragen seit jeher von «Notstand».
Es steht im niederländischen Asylsystem gewiss nicht alles zum Besten. Aber es gibt keinen Notstand. Zumal auch in den Niederlanden wie anderswo in Europa die Zuwanderung zwar hoch, aber deutlich rückläufig ist. Weil Wilders recht behalten will mit seiner Diagnose «Notstand», waren Unterverhandlungen im Regierungsbündnis nötig. Das Ergebnis war, dass Wilders schon wieder nachgeben musste, um an kleinen Teilen seines unrealistischen Plans keine Abstriche machen zu müssen.
Andere Prioritäten
Einen Kompromiss finden musste die Partei für Freiheit mit der Mitte-rechts-Partei von Pieter Omtzigt. Diese stellt zwei Grundsätze über alles: Der Rechtsstaat und die Rolle des Parlaments müssen gestärkt werden. Das passt schlecht zu Wilders Ideologie.
Damit die Regierung nicht stürzt, musste Geert Wilders nachgeben: Jede Verschärfung des Asylrechts muss von beiden Parlamentskammern gebilligt werden. Was bleibt, sind leere Versprechen. Die Niederlande führen ab November auch vorübergehend Grenzkontrollen ein, wie viele EU-Staaten. Das Land an der Nordsee will die Binnenmigration abklemmen und nach den Regeln des Dublin-Abkommens Asylsuchende zurück in den Süden Europas schicken. Andere versuchen das auch, vergeblich.
Syrien als sicherer Drittstaat?
Die Niederlande wollen mehr abgelehnte Asylsuchende zurückschaffen. Beispielsweise nach Syrien, das nun in Teilen als sicherer Drittstaat zu taxieren sei. Es ist ein Scheinkompromiss. Die Partei von Omtzigt kann sicher sein, dass niederländische Gerichte das zurückweisen.
In der Regierungskoalition wird weiter gestritten, welche konkreten Verschärfungen im Asylrecht ins Parlament geschickt werden können und da wohl Schiffbruch erleiden. Zum Beispiel die Abschaffung der Pflicht für Gemeinden, Menschen in laufenden Asylverfahren aufzunehmen. Das wird in der Regionalkammer keine Mehrheit finden.
Das politisch sinnlose Spiel geht weiter, weil alle Parteien Neuwahlen ablehnen. Wilders wird weiter von «Notstand» sprechen. Die Regierungspartner werden weiter an rechtsstaatlichen Prinzipien festhalten. Es geht keinen Schritt vorwärts in der niederländischen Politik.