Die Stadt Zabadani liegt etwa eine Autostunde nordwestlich der Hauptstadt Damaskus. Die Brüder flohen von hier aus einst vor dem Assad-Regime in die Schweiz, hier fanden sie eine neue Heimat und gründeten Familien.
Jetzt stehen sie in Zabadani im Wohnzimmer ihrer Familie, verteilen Schokolade. Ein süsses Mitbringsel aus der Schweiz für Familienangehörige, von denen sie fast ewig getrennt waren. «Als ich dich das letzte Mal gesehen habe,», sagt ein Cousin, «warst du zehn Jahre alt». 4000 Kilometer trennten die Familie.
Die Folterknechte sind weg, die Hoffnung ist gross
Nach dem Sturz von Langzeit-Diktator Baschar al-Assad ist die Hoffnung gross in Syrien. Auf ein Leben in Freiheit, ohne ständig von Folterknechten verfolgt zu werden, ohne Drangsalierungen, ohne die ständige Angst.
Alaeddin und Mohamad steigen die Treppenstufen hoch in einem alten Regierungsgebäude – überall liegen Munitionskisten der Assad-Armee. Aufs eigene Volk wurde geschossen, auch die Grossmutter der beiden Brüder starb beim Terror der Diktatur gegen das eigene Volk.
Auf ihrer Reise lassen sich Alaeddin und Mohamad von einem Reporterteam des Westschweizer Fernsehens RTS begleiten. Noch immer können sie nicht verstehen, warum so viele Menschen sterben mussten. «Warum wurde unsere Grossmutter erschossen? Warum dieses Massaker?» Es sind Fragen, die schmerzen.
Gegenseitige Hilfe: So soll Syrien wieder aufgebaut werden
Doch jetzt ist die Hoffnung für die beiden Brüder gross. Der Stadtpräsident sei ein Christ, sein Stellvertreter ein Muslim. «Es gibt null Unterschied zwischen ihnen», sagt Mohamad. «Sie tun das Notwendige für die gesamte Gesellschaft. Ob Muslim oder Christ, sie helfen sich gegenseitig. So muss Syrien aussehen.»
Die ersten Anzeichen sind ermutigend. Die neue Regierung um den früheren Al-Kaida-Mann Achmed al-Scharaa versucht offenbar den Ausgleich. Nimmt Kontakt auf mit anderen Ländern, spricht mit Diplomaten. Reporter berichten zudem, dass al-Scharaas Leute Racheakte in der Bevölkerung zu verhindern versuchen und so Assads Leute vor Lynchjustiz schützen. Damit soll der Weg geebnet werden für eine Gesellschaft, die gemeinsam den Neuanfang wagen kann.
Lage in Syrien bleibt fragil
Doch wird der Frieden halten? Kann sich al-Scharaa gegen den Druck von vielen Seiten verteidigen? Viele Fragen sind noch offen in Syrien, die Lage bleibt fragil. Dennoch: Alaeddin und Mohamed wollen daran glauben, dass es besser wird, endlich, nach 25 Jahren.
Bald werden die Brüder zurückreisen in die Schweiz. Aber ihrer Familie haben sie versprochen: Wir kommen wieder, wir wollen helfen beim Neuaufbau Syriens. 25 Jahre ohne Syrien: Das war zu lange, viel zu lange.