In Kongo-Kinshasa zwingen Kämpfe zwischen Rebellen und Armee Hunderttausende Menschen in die Flucht. Seit dem Vormarsch der Rebellenmiliz M23 sind sie im Osten des Landes nicht mehr sicher.
Die Rebellen kontrollieren einem Regierungsbeamten zufolge nun Teile des Flughafens der Stadt und alle strategischen Punkte.
In Berichten ist von Leichen auf den Strassen, von Vergewaltigungen und Plünderungen die Rede.
Nach tagelangen schweren Kämpfen war die Miliz M23 in der Nacht auf Montag in die strategisch wichtige Provinzhauptstadt Goma eingedrungen, die in einem der rohstoffreichsten Gebiete des Kongos liegt und an Ruanda grenzt.
Neben den Anwohnern der Provinzhauptstadt seien auch mehr als 300'000 Menschen aus Lagern für Vertriebene in der Nähe auf der Flucht, meldete das UNO-Nothilfebüro OCHA in Genf. Die Spitäler seien völlig überfüllt mit Verwundeten, so die Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Die WHO hatte kurz vor der Schliessung des Flughafens in Goma am Wochenende noch Nachschub an medizinischem Material einfliegen können.
Vergewaltigungen und Plünderungen
Es gebe Berichte über zahlreiche Vergewaltigungen, das Internet funktioniere nicht mehr und Strom sowie Wasserversorgung seien eingeschränkt, teilte OCHA mit. Lagerhäuser des Welternährungsprogramms (WFP) wurden geplündert. «Das zeigt, wie verzweifelt die Menschen sind», sagte Shelley Thakral, WFP-Sprecherin in Kinshasa.
Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR appellierte an die Geberländer, Geld für Hilfe zur Verfügung zustellen. Die UNO-Organisationen warten auf eine Beruhigung der Lage, um die Menschen wieder zu versorgen. «Dies ist nicht nur eine regionale Angelegenheit, sondern eine globale Verantwortung», sagte UNHCR-Sprecher Matthew Saltmarsh.
Kongo fordert Hilfe von UNO-Sicherheitsrat
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Die Aussenministerin von Kongo-Kinshasa, Thérèse Kayikwamba Wagner, hat im UNO-Sicherheitsrat die internationale Gemeinschaft zum Handeln aufgefordert. Der UNO-Sicherheitsrat müsse Massnahmen gegen Ruanda ergreifen, so Kayikwamba Wagner. In der Stadt Goma fehle es an Nahrung, Wasser und Strom. Es gebe unzählige Tote. Auch UNO-Vertreterin Vivian van de Perre forderte vor dem UNO-Sicherheitsrat in New York ein dringendes Handeln, weil sich die Sicherheitslage in Goma für Zivilpersonen verschlechtert habe.
Nach Einschätzung von Experten droht ein Krieg in der Region. «Das Risiko, dass die Situation in einen regionalen Konflikt eskaliert, ist real», schreiben Analysten des Thinktanks International Crisis Group. «Bleiben die Kämpfe unkontrolliert, könnten sie sich in der gesamten Region der Grossen Seen ausbreiten und an die Schrecken der späten 1990er und frühen 2000er Jahre erinnern, als Millionen Menschen in einem länderübergreifenden Krieg im Kongo starben.»
Demonstranten greifen Botschaften an – EU verurteilt Angriffe
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Demonstranten haben in der Demokratischen Republik Kongo nach Angaben der kenianischen Regierung drei afrikanische Botschaften angegriffen. Betroffen seien die Botschaftsgebäude von Kenia, Südafrika und Uganda in der Hauptstadt Kinshasa, sagte der kenianische Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten Korir Sing'oei. Auch Botschaftspersonal sei demnach angegriffen worden.
Bei den Ausschreitungen sind auch die belgische, die niederländische sowie die französische Botschaft angegriffen worden. In der Nähe mehrerer Botschaften, fänden derzeit gewalttätige Demonstrationen statt, teilte das Aussenministerium in Brüssel mit. «Dabei wurde auch ein Tor in Brand gesetzt, der Brand konnte aber schnell wieder unter Kontrolle gebracht werden.» Eine unmittelbare Gefahr für Botschaftsmitarbeiter und Besucher habe zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Die EU hat den Angriff auf Botschaften in der Demokratischen Republik Kongo verurteilt. Die Europäische Union fordere gemäss dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen den Schutz diplomatischer Vertretungen, sagte ein Sprecher der EU-Aussenbeauftragten Kaja Kallas in Brüssel.
Es sei offensichtlich, dass Ruanda die langfristige Kontrolle über die Gold- und Coltan-reichen Regionen im Osten anstrebe.
In der rohstoffreichen Provinz Nord-Kivu kämpft die Rebellenmiliz M23 seit Jahren gegen kongolesische Regierungstruppen und mit ihr verbündete Milizen. In den vergangenen Wochen konnte die M23 massive Gebietsgewinne verzeichnen.
Diplomatische Bemühungen für eine Waffenruhe
Ruandas Präsident Paul Kagame hat sich für eine Waffenruhe in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo ausgesprochen, liess aber keine Anzeichen erkennen, dass er Forderungen nach einem Abzug der ruandischen Truppen und der von ihnen unterstützten M23-Rebellen nachgeben will. Er habe mit US-Aussenminister Marco Rubio über die Notwendigkeit einer Waffenruhe im Osten des Kongo gesprochen, schrieb Kagame auf dem Kurznachrichtendienst X.
Kenias Präsident William Ruto warb auch bei Frankreich und den USA um Unterstützung zur Beilegung der Feindseligkeiten.
EU kündigt humanitäre Hilfe an – Caritas besorgt
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Die EU hat nach der erneuten Eskalation von Gewalt weitere humanitäre Hilfe im Wert von 60 Millionen Euro angekündigt. Angesichts der jüngsten Entwicklungen im Osten des Landes sei man bereit, die Nothilfe insbesondere für die neu vertriebenen Menschen in und um Goma noch einmal zu verstärken, teilte die zuständige EU-Kommission in Brüssel mit.
Die zusätzlichen Mittel sollen den Angaben zufolge verwendet werden, um die dringendsten Bedürfnisse der Vertriebenen und der von den jüngsten Konflikten und Epidemien betroffenen Menschen zu decken.
Die humanitäre Lage ist auch nach Einschätzung von Caritas International «äusserst besorgniserregend». Mitarbeiter berichteten von völlig unübersichtlichen Zuständen, überfüllten Kliniken und verwirrten Menschen, so die Hilfsorganisation. Bereits vor den aktuellen Kämpfen sei die Lage für die Menschen katastrophal gewesen. Die Caritas will ihre Hilfen in Goma trotzdem fortsetzen. Laut Caritas International sind in der Demokratischen Republik Kongo insgesamt rund 26 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Der kongolesische Präsident Félix Tshisekedi hat sich bisher nicht zu den Vorgängen im rohstoffreichen Osten des Landes geäussert. Eigentlich war für den Dienstagabend eine Ansprache an die Nation zu der Krise erwartet worden, die aber nicht stattfand.
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