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Ukrainischer Vorstoss: Geht die Rechnung auf?
Aus Rendez-vous vom 14.08.2024. Bild: REUTERS/Viacheslav Ratynskyi
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Vorstoss in die Region Kursk So reagiert Russland auf den ukrainischen Vorstoss

Die ukrainische Armee hat den Krieg vor einer Woche nach Russland gebracht – mit ihrem Vorstoss über die Grenze in die Region Kursk. Es ist unklar, wie tief die Ukraine in russisches Gebiet vorgestossen ist. Und es ist ebenso unklar, wie erfolgreich die russische Armee bei der Abwehr ist. Beide Seiten melden Erfolge bei den Kämpfen. Unabhängige Bestätigungen dazu liegen keine vor. SRF-Russlandkorrespondent Calum MacKenzie schätzt die Situation ein.

Calum MacKenzie

Russland-Korrespondent

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Calum MacKenzie ist Russland-Korrespondent von Radio SRF. Er hat in Bern, Zürich und Moskau Osteuropa-Studien studiert.

Wie viel russisches Territorium kontrolliert die Ukraine in Kursk?

Russische Behörden berichten, dass die Ukraine etwa 450 Quadratkilometer und 28 Siedlungen in der Region Kursk kontrolliert. Diese Angaben sind plausibel, aber die Lage ist unklar und dynamisch.

Wie stellt Russland die Situation dar?

Wladimir Putin bezeichnet die ukrainische Offensive als «Provokation». Offiziell handelt es sich bei den Kämpfen in Kursk um eine «Anti-Terror-Operation». Der Kreml versucht, das Geschehen herunterzuspielen, behauptet aber gleichzeitig, dass der Angriff zeige, dass der Westen einen Krieg gegen Russland führe. Vertreter des Kremls behaupteten etwa, in Kursk kämpften französische Söldner aufseiten der Ukraine. Dafür gibt es aber keine Anzeichen.

Putin in Anzug bei Besprechung mit Militärbeamten.
Legende: Am Montag hielt Wladimir Putin im Kreml eine Krisensitzung zur Situation in Kursk. Reuters/Sputnik/Gavriil Grigorov/Kremlin (12.08.2024)

Hat die Ukraine es geschafft, Russlands Truppen zu binden?

Offenbar noch nicht. Russland hat bislang darauf verzichtet, erfahrene Einheiten aus der Ostukraine abzuziehen. Die russischen Truppen machen im Donbass weiterhin Geländegewinne. Aber die Verteidigung in Kursk zeigt Schwächen. Ähnlich wie beim Wagner-Aufstand vom letzten Jahr hat sich gezeigt, dass Verteidigungslinien innerhalb von Russland sehr schnell durchbrochen werden können, gerade durch den Überraschungseffekt.

Soldat durch zerschossene Windschutzscheibe eines Fahrzeugs beobachtet, Militärfahrzeuge im Hintergrund.
Legende: Laut Beobachtern versucht die Ukraine, zu erreichen, dass Russland unter Druck kommt und Truppen von der ukrainischen Front an den Schauplatz Kursk verschieben muss. So soll der Druck für das ukrainische Militär auf eigenem Boden abnehmen. Das ging laut MacKenzie bisher nicht auf. Reuters/Viacheslav Ratynskyi (11.08.2024)

Wer kämpft in der Region Kursk für Russland?

Russland setzt in Kursk seine Reserven ein. Das sind vor allem frisch ausgebildete Rekruten und Wehrpflichtige, also 18-, 19- oder 20-jährige Männer, die ihren obligatorischen Militärdienst leisten. Diese können meist nicht mit den kampferprobten ukrainischen Einheiten mithalten.

Wie heikel ist der Verlust junger Wehrpflichtiger für Putin?

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Legende: Man kann davon ausgehen, dass Russland seine Reserven einsetzt. Diese Soldaten können in der Regel mit erfahrenen ukrainischen Einheiten nicht so gut mithalten. EPA/RUSSIAN DEFENCE MINISTRY PRESS SERVICE (13.08.2024)

Verluste unter Wehrpflichtigen sind in Russland traditionell ein heikles Thema, wie schon in Tschetschenien und Afghanistan. Putin hatte versprochen, dass Wehrpflichtige nicht in der sogenannten «Spezialoperation» gegen die Ukraine zum Einsatz kämen. Hohe Verluste könnten politisch problematisch werden, doch die Reaktion der Bevölkerung ist schwer abzuschätzen.

Bisher gibt es kaum patriotische Reaktionen auf den Angriff auf Kursk. Das ist eine Folge dessen, dass der Kreml seit Jahren Apathie in der Bevölkerung gefördert hat. Die Menschen horchen erst auf, wenn sie selber betroffen sind. Viele Russinnen und Russen verfolgen die Ereignisse in Kursk nicht. Der ukrainische Vorstoss dürfte daher keine breite Mobilisierung auslösen, aber auch nicht dazu führen, dass die Menschen den Krieg grundsätzlich hinterfragen. Hohe Verluste unter jungen Wehrpflichtigen könnten für Putin aber problematisch sein. Der Kreml will das Problem in Kursk schnell lösen.

Könnte der Vorstoss Russland bei Verhandlungen zu Kompromissen bewegen?

Womöglich ist das eines der Ziele der Ukraine. Aber es ist unwahrscheinlich. Putin verhandelt meist nur aus einer Position der Stärke. Er ist jetzt also womöglich noch weniger verhandlungsbereit als zuvor. Er steht auch nicht unter internem Druck, hat keine Kritiker in Russland. Also wird er wohl einfach abwarten und versuchen, die Situation in Kursk wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Rendez-vous, 14.08.2024, 12:30 Uhr ; 

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