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VW-Dieselskandal So könnten Schweizer Opfer zu Schadenersatz kommen

Während in Deutschland der VW-Prozess läuft, müssen Schweizer Opfer weiter warten. Doch Hilfe gibt es von vielen Seiten.

Auch hierzulande könnte bald abgerechnet werden: Unter den weltweit über 11 Millionen Opfern des VW-Dieselskandals sind nämlich schätzungsweise 175'000 aus der Schweiz. Gut 2000 von ihnen zogen am Montag im Rahmen einer europäischen Sammelklage mit fast einer halben Million weiteren Geschädigten vor das deutsche Gericht in Braunschweig. Doch die hiesigen Opfer sollen einen Schweizer Prozess bekommen, fordern mehrere Seiten.

So ist derzeit etwa die Schadenersatzklage der Stiftung für Konsumentenschutz beim Handelsgericht Zürich hängig. Betroffene sollen mit bis zu 7000 Franken entschädigt werden.

Die Leute haben einen finanziellen Schaden erlitten.
Autor: Alex von Hettlingen Sprecher Stiftung für Konsumentenschutz

Bis jetzt haben betroffene Autobesitzer keine finanzielle Abfindung erhalten. VW-Importeurin Amag hat ihnen lediglich ein Softwareupdate angeboten. Für Konsumentenschützer Alex von Hettlingen ist das zu wenig: «Die Leute haben einen finanziellen Schaden erlitten.»

Mehr bezahlt, weniger wert

Denn durch die manipulierten Programme in den Autos belasten sie die Umwelt nicht nur mit mehr Abgas als vom Hersteller versprochen. Sie haben für das vermeintlich umweltschonendere Auto einen viel zu hohen Preis bezahlt. Zudem können sie es nur zu einem niedrigeren Preis als angenommen wieder verkaufen. Das schmerzt in der Tasche. Der Konsumentenschutz schätzt, dass manipulierte Dieselautos auf dem Occasions-Markt rund 15 Prozent an Wert verloren haben.

Bis die 6000 Klagenden, die von der Stiftung vertreten werden, tatsächlich Schadenersatz erhalten, kann es Jahre dauern. Denn derzeit geht es beim Prozess nur um verfahrenstechnische Fragen. Es wird geklärt, ob die Stiftung für Konsumentenschutz überhaupt klageberechtigt ist. Erst danach kann die eigentliche Klage betrachtet werden. Von Hettlingen ist guten Mutes: «Wir sind zuversichtlich, dass wir gute Chancen haben, diesen Schadenersatz zu erstreiten – sobald die verfahrensrechtlichen Fragen geklät sind.»

Strafverfahren bringt noch kein Geld

Parallel zum Verfahren der Konsumentenschützer laufen weitere Aktionen gegen die Abgas-Trickser, unter anderem durch die Schweizer Bundesanwaltschaft. Ihr Strafverfahren eröffnete sie zwar bereits im Dezember 2016. Doch seit Anfang September fordert sie die hiesigen Betroffenen auf, sich an der Untersuchung zu beteiligen. Mittels Online-Fragebogen will sie Geschädigte auf ihre Rechte aufmerksam machen und allfällige Ansprüche erfassen und bearbeiten.

Doch auch hier bedeutet dies nicht, dass Betroffene automatisch ihr Geld zurückbekommen. Im Verfahren geht es bloss darum, einen Schaden festzustellen. Allfällige Ansprüche für Schadenersatz müssten die Betroffenen selbst durch eine Zivilklage geltend machen.

Zuerst Deutschland, dann die Schweiz

Auch im Monsterprozess in Braunschweig wird zunächst geklärt, ob Volkswagen überhaupt betrogen hat. Wie hoch die zu zahlende Entschädigung wäre, wird erst in einem zweiten Verfahren untersucht.

VW ist sich keiner Schuld bewusst. Martina de Lind van Wijngaarden, Volkswagen-Rechtsanwältin, sagt vor den Medien: «Noch heute werden die Fahrzeuge hunderttausendfach von den Kunden genutzt. Es gibt daher keinen Schaden und keinen Grund für die Klage.»

Die Fronten sind also verhärtet. Dies dürfte auch bei einem allfälligen Schweizer Prozess so sein. Unterstützung bekommen die hiesigen Opfer zwar. Doch während in Deutschland nun der Prozess begonnen hat, müssen sie weiter warten.

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