Sollte Donald Trump die Wahl am 3. November verlieren, dürfte dies vor allem auf die Frauen zurückzuführen sein. Umfragen zeigen, dass der Präsident bei den Wählerinnen an Unterstützung eingebüsst hat, während bei den Männern Biden und Trump etwa gleichauf liegen.
Noch ist der Ausgang der Wahl allerdings offen. Und Trump kann auf eine grosse Zahl begeisterter weiblicher Fans zählen.
Zum einen ist es Trumps Einsatz für christlich-konservative Anliegen, der bei manchen Anhängerinnen gut ankommt. Das passt zwar nur bedingt zu einem zweimal geschiedenen Milliardär aus der gesellschaftsliberalen Grossstadt New York. Doch das stört seine Anhängerinnen kaum.
Auch sein angeblicher wirtschaftlicher Erfolg – der «Businessman» als Präsident – und sein selbstbewusstes Auftreten gefallen vielen weiblichen Fans. Falschaussagen, rüpelhaftes Gebaren, chaotische Politik: alles kein Problem für Trumps grösste Anhängerinnen.
Die Verehrung des Präsidenten nimmt ungeachtet seines umstrittenen Benehmens teilweise Züge eines Personenkults an.
Ein Haus als Wallfahrtsort
Jeden Morgen wiederholt sich das Ritual: Dutzende Menschen stehen Schlange vor dem «Trump House» in Latrobe, etwa eine Stunde von Pittsburgh (Pennsylvania) entfernt. Das «Trump House» gehört Leslie Rossi. Die Immobilien-Unternehmerin hat das leer stehende Haus ganz dem Präsidenten gewidmet und in eine private Wahlkampf-Zentrale verwandelt.
Das Haus ist zu einer Pilgerstätte für die Fans des Präsidenten geworden. Eine mehr als vier Meter hohe Trump-Figur steht davor – ein beliebtes Foto-Sujet. Leslie verteilt den Besuchern gratis T-Shirts, Hüte, Kugelschreiber mit Trumps Namen oder Antlitz darauf. Sie ist dank ihres auffälligen Hauses zu einer prominenten Frau geworden.
Die erste Amtszeit ist perfekt gewesen.
Das Gespräch mit ihr ist nicht einfach. Journalisten gegenüber ist sie feindlich eingestellt, wie so viele Trump-Anhängerinnen. Die jahrelange Kampagne mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit der Massenmedien zu zerstören, zeigt ihre Wirkung.
Eine Niederlage scheint unmöglich
Die tausenden Besucher, die Leslie Rossi in den letzten Wochen empfangen hat, erachtet sie als Indiz dafür, dass Trump die Wiederwahl schaffen wird. In der Tat musste sie vor dem Haus einen grossen Parkplatz bauen lassen, um ein Chaos auf der Strasse zu verhindern.
«Perfekt» sei die erste Amtszeit des Präsidenten gewesen, sagt sie. Er wähle nun schon zum dritten Mal eine konservative Person für das Oberste Gericht aus. Und: «Die Gesundheitsvorsorge ist besser, den Veteranen geht es besser, der Armee auch.»
Kritische Fragen bringen sie in Rage. Ich spreche sie auf Umfragen an, die zeigen, dass viele Frauen am 3. November nicht mehr für Trump stimmen wollen. «Das ist eine Lüge», antwortet sie – und wird ausfällig. Allerdings büssten die Republikaner schon bei den Zwischenwahlen vor zwei Jahren massiv Stimmen ein, vor allem bei Frauen.
Trump-Fan aus Mexiko
Auch Araceli Villanueva ist nach wie vor begeistert von Trump. Wir treffen sie auf einem luxuriösen Boot im Hafen von Miami. Sie will zusammen mit anderen Fans an einer «Trumptilla» teilnehmen, einer Demo für Trump mit hunderten Booten unterschiedlicher Grösse.
Als Einwanderin aus Mexiko habe sie Trump zuerst kritisch beurteilt. Als er Mexikaner im Wahlkampf als Vergewaltiger bezeichnete, sei sie beleidigt gewesen. Doch damals habe sie emotional reagiert, heute betrachte sie den Präsidenten nüchterner.
Abtreibung als zentrales Thema
Als Katholikin sei ihr vor allem wichtig, dass Trump sich gegen die Abtreibung einsetze. So sehen es viele Amerikanerinnen mit Wurzeln in Lateinamerika. Christlich-konservative Werte werden nach wie vor in vielen Latino-Familien hochgehalten. Araceli hat gar ein Bild gemalt, das den Präsidenten zeigt, der Jesus in den Armen hält.
Dass der Präsident christliche Werte kaum vorlebt, stört sie nicht besonders. Die Washington Post hat mehr als 20'000 Lügen und Falschaussagen gezählt. Sie sei zwar nicht mit allem einverstanden, was Trump sage. Aber: «Er unterstützt alle meine Anliegen, ist für die Familie, gegen die Abtreibung, für die freie Wirtschaft.»
Laute Salsa-Musik dröhnt aus den Lautsprechern auf dem Boot, das mittlerweile die «Trumptilla» erreicht hat. «Frauen für Donald Trump» singt die Sängerin – es ist ein Wahlkampf-Lied. Araceli und ihre Freundin Andrea tanzen und singen begeistert mit. Auf dem Boot gegenüber posiert Eric Trump, einer der Söhne des Präsidenten. «We love you!», schreien ihm Araceli und Andrea zu.
Hauptsache selbstbewusst
Sie sei vor allem wegen der wirtschaftlichen Möglichkeiten in die USA gezogen, erzählt Araceli. Trump verteidige diese Freiheiten vehement. Die Demokraten bezeichnet sie als Sozialisten und als Gefahr für den wirtschaftlichen Erfolg. Die USA dürften nicht enden wie Kuba oder Venezuela.
Dass der Präsident die demokratische Vize-Kandidatin Kamala Harris als Monster bezeichnet hat und sich auch sonst mit Schimpfwörtern und Schmähungen nicht zurückhält, stört Araceli nicht. «Donald Trump ist ein Alpha-Mann. Meinen Sohn will ich auch zu einem Alpha-Mann erziehen. Alpha-Männer sind Anführer-Typen, entschuldigen sich für nichts. Sie wissen, was sie tun.»
Die Begeisterung scheint bei Frauen wie Araceli Villanueva oder Leslie Rossi grenzenlos zu sein. Kritik wird nicht akzeptiert und wird wahlweise auf die Demokraten oder die Medien abgeschoben. Eine Niederlage scheint undenkbar. Sollte Trump verlieren – was alles andere als sicher ist – dürfte es für sie ein hartes Erwachen geben.