Die USA haben ihre Waffenlieferungen Schritt für Schritt ausgeweitet: Zuerst tragbare Panzerabwehrwaffen, vergleichsweise einfach zu bedienen, dann Geschütze, gepanzerte Fahrzeuge, Raketenwerfer, Flugabwehrsysteme – und jetzt: Abrams-Kampfpanzer.
Die Ukraine fordert bereits mehr, nämlich Langstreckenraketen oder Kampfflugzeuge. Hier scheint der Nato-Verbündete Deutschland eine rote Linie zu ziehen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte am Mittwoch, man werde keine Kampfflugzeuge schicken.
Die USA hingegen hätten keine fixen roten Linien, sagt Mark Montgomery, Experte für Sicherheitspolitik und ehemaliger Admiral der US-Marine. «Die US-Regierung hat ihre Meinung zu verschiedenen Waffensystemen mit der Zeit geändert – und sie dann geliefert.» Die Regierung würde die Lage in der Ukraine laufend beurteilen und liefere in rascher Folge neue Rüstungspakete mit jenen Waffensystemen, die die Ukrainer im Moment am dringendsten benötigten.
Keine Angriffe auf russisches Territorium
Einige US-Waffensysteme haben sich in der Ukraine als besonders wirksam erwiesen – etwa die Himars-Mehrfachraketenwerfer. Für diese könnten die USA noch weitere Raketen mit einer noch grösseren Reichweite von hunderten von Kilometern liefern. Auch diese Waffen sollten unter bestimmten Bedingungen geliefert werden, sagt Montgomery, der heute beim Think Tank «The Foundation for Defence of Democracies» arbeitet.
Die USA sollten rote Linien ziehen, wenn es um den Einsatz der Waffen gehe, findet Montgomery. «Es ist angebracht zu sagen: US-Waffen dürfen nur innerhalb der Ukraine verwendet werden – also auf dem Staatsgebiet, das vor 2014 ukrainisch war.» Das schliesse auch die Krim-Halbinsel mit ein. «Es wäre aber inakzeptabel, wenn die Ukraine damit in russischem oder belarussischen Gebiet zuschlagen würde.»
Die Frage, ob noch schlagkräftigere westliche Waffen zu einer weiteren Eskalation führen könnten, ist nur eine Erwägung. Es stellt sich auch die Frage: Kann die ukrainische Armee an den immer komplizierteren Waffensystemen ausgebildet werden, können sie diese Waffen an der Front unterhalten und die nötige Logistik aufbauen?
Ich hätte mir gewünscht, man hätte sich für einen Panzertyp entschieden.
Der Abrams-Panzer etwa wird von einer komplizierten Gasturbine angetrieben. Er gilt als wartungsintensiv, die Ukrainer müssten intensiv ausgebildet werden. Auch deshalb scheinen die USA gezögert zu haben. Nun werden die Kampfpanzer geliefert – aus verschiedenen Ländern.
Die Zeit drängt
Für die Ukrainer sei das erfreulich, aber auch eine Herausforderung, sagt Montgomery: «Wir reden von Leopard-Panzern aus Deutschland, von Challenger-Panzern aus Grossbritannien und Abrams-Panzern aus den USA. Die Ukrainer werden ihre erfahrenen Tank-Crews auf diese Panzertypen aufteilen müssen, Unterhalt und Logistik werden erschwert. Die Komplexität von alldem macht mir Sorgen. Ich hätte mir gewünscht, man hätte sich für einen Panzertyp entschieden.»
Es dürfte dauern, bis westliche Kampfpanzer an der ukrainischen Front zum Einsatz kommen – im Fall der US-Panzer ist die Rede von Monaten, sie kommen womöglich zu spät für die erwarteten Frühlingsoffensiven. Selbst wenn sich der Westen einmal durchgerungen hat, die Waffenlieferungen auszuweiten, profitiert die Ukraine nicht mehr sofort. Denn: Je komplexer die westlichen Waffen, umso länger dauert es, bis sie in der Ukraine zum Einsatz kommen.