Derartige Töne aus Moskau sind selten: Die russischen Streitkräfte würden während anderthalb Tagen eine Feuerpause einlegen, kündigt der Kreml an. Putin wies das russische Verteidigungsministerium an, von Freitagmittag 12 Uhr (10 Uhr Schweizer Zeit) bis Samstagabend 24 Uhr (22 Uhr Schweizer Zeit) die Kampfhandlungen im Nachbarland einzustellen, wie aus einer Mitteilung hervorgeht.
Weil in den Kampfgebieten der Ukraine viele orthodoxe Gläubige lebten, müssten diese die Möglichkeit erhalten, weihnachtliche Gottesdienste in Ruhe zu besuchen, heisst es. Man rufe darum auch die ukrainische Seite auf, die Waffenruhe zu beachten.
Kiew ist skeptisch – zurecht
Die ukrainische Regierung begegnet dieser Ankündigung mit grossem Misstrauen: Moskaus Aufruf sei nicht mehr als eine zynische Falle, schreibt ein Mitglied von Wolodimir Selenskis Präsidentenbüro. Die Ukraine lehne eine Weihnachtswaffenruhe ab.
In Kiew hat man guten Grund für diese Skepsis: Im Laufe seines Angriffskriegs hat der Kreml bislang wenig Rücksicht für das Wohl der Zivilbevölkerung der Ukraine gezeigt. Auch am Silvesterabend – in der Ukraine ein wichtigerer Feiertag als die orthodoxe Weihnacht – liess der russische Beschuss von zivilen Einrichtungen nicht nach.
Waffenruhe passt Kreml ins Konzept
Die Ankündigung aus Moskau trägt vielmehr die Züge einer Propaganda-Aktion: Die Idee einer weihnachtlichen Feuerpause brachte zuerst Patriarch Kirill ein, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche und ein enger Verbündeter Putins. Eine Waffenruhe zugunsten orthodoxer Gläubiger passt zum Propaganda-Konzept des Kremls, für russische Werte zu kämpfen.
Zwar dürfte es im Interesse Russlands sein, die Gefechte in der Ukraine einzufrieren. Mit dem Versprechen, für wenige Stunden den Kampf einzustellen, wird das dem Kreml jedoch kaum gelingen. Ebenso schwierig dürfte es sein, sich als deeskalierende Kraft zu inszenieren – in diesem Krieg, in dem Russland der Aggressor ist.