Worum geht es? Die Regierung von Kolumbien hat mit der marxistischen Guerilla-Bewegung ELN eine Weiterführung des Waffenstillstands ausgehandelt. Er soll ein weiteres halbes Jahr anhalten. In dieser Zeit will die ELN neuerdings auch auf Entführungen von Zivilisten zur Erpressung von Lösegeld verzichten. «Es wird davon ausgegangen, dass noch immer rund 40 Personen in den Händen der Guerilleros sind», sagt dazu SRF-Südamerika-Korrespondentin Teresa Delgado. Ausserdem soll ein Fonds der UNO für die Weiterführung des Friedensprozesses in Kolumbien eingesetzt werden.
Die Hoffnung ist, dass die Guerillas ihre Waffen niederlegen und politische Parteien werden.
Wieso braucht es einen UNO-Fonds? Bisher finanzierte sich die ELN vor allem durch Entführungen. Mit dem Geld aus dem Fonds soll die Guerilla nun darauf verzichten. «Es ist ein erster Schritt, um der ELN aufzuzeigen, dass sie auch anders als mit Entführungen zu Geld kommen kann», sagt Delgado. Das sei eine Art Überbrückungslösung, bis die Guerilleros den Weg zurück ins zivile Leben gefunden hätten. «Es geht zunächst darum, der ELN Anreize zu geben, mit den Entführungen aufzuhören, damit die Bevölkerung nicht mehr derart terrorisiert wird.»
Gibt es Kritik? Die ELN entführt Zivilisten und hat in der Vergangenheit auch Morde begangen – und jetzt soll sie Geld aus dem UNO-Fonds erhalten. «Das ist in Kolumbien umstritten», stellt die Korrespondentin fest. Kommt hinzu: Auch international wird die ELN als terroristische Organisation eingestuft – etwa von der EU. Die kolumbianische Regierung versuche mit dem Fonds aber einen neuen Weg, nachdem es in der Vergangenheit nicht gelungen sei, den Guerillas mit harter Hand und Armee beizukommen, so Delgado. «Die Hoffnung ist, dass die Guerillas so ihre Waffen niederlegen und politische Parteien werden.»
Wie schlägt sich die Regierung? Seit August 2022 ist Gustavo Petro Präsident des Landes. Der linke Politiker war früher selber Mitglied einer Guerilla. Inwieweit die erste linke Regierung Kolumbiens bessere Erfolge gegen die Guerillas erziele, lasse sich allerdings noch kaum sagen, so Delgado. Schliesslich sei das Friedensabkommen mit der grössten Guerilla, der Farc, noch unter der Vorgängerregierung abgeschlossen worden. Klar sei: «Petro ist ein schwacher Präsident in einem grossen Land mit einem schwachen Staat – er ist also nicht in stärkster Verhandlungsposition.»
Wird Kolumbien jetzt sicherer? «Man muss jetzt beobachten, wie sich die ELN tatsächlich verhält», betont die Korrespondentin. Die Hoffnung auf mehr Sicherheit bestehe aber durchaus. Präsident Petro strebt einen «totalen Frieden» im Land mit allen Guerilla-Organisationen an. Der Weg dorthin ist noch weit, aber die Verlängerung des Abkommens mit der ELN ist immerhin ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. «Damit das Ziel erreicht werden kann, müssen die Menschen in Kolumbien sicherer leben können», betont Delgado. Und den Guerilleros müsse ein alternativer Weg in ein geordnetes, gewaltfreies Leben aufgezeigt werden.