Zum Inhalt springen

Wahl in Österreich Im roten Winkel – Showdown im Burgenland

Das Burgenland wird seit 60 Jahren von den Sozialdemokraten regiert. Jetzt wird die Wahl am Wochenende zum Showdown gegen die Freiheitliche Partei FPÖ. Mit Folgen für ganz Österreich. SRF-Korrespondent Peter Voegeli darüber, ob die SPÖ gegen den Siegeszug der Kickl-Partei ein Rezept hat.

Peter Voegeli

Korrespondent in Wien

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Peter Voegeli berichtet aus Wien über die Parlamentswahlen in Österreich. Der langjährige SRF-Korrespondent (Rom, Berlin und Washington) und Moderator des «Echo der Zeit» ist studierter Historiker. Von 1995 bis 2005 arbeitete er als Korrespondent für Schweizer Printmedien in Bonn und Berlin.

Was zeichnet das Burgenland aus?

Das Burgenland ist bevölkerungsmässig das kleinste Bundesland Österreichs. Bis 1989 lag es direkt am Eisernen Vorhang, quasi im toten Winkel Europas und Österreichs. Nach der Öffnung der Grenzen wurde es massiv mit EU-Mitteln gefördert und ist als touristische Destination aufgeblüht. Inzwischen gehört das Nordburgenland zum «Speckgürtel» Wiens.

Warum ist die Wahl im Burgenland wichtig?

Seit 60 Jahren wird das Land von den Sozialdemokraten regiert, seit fünf Jahren sogar mit einer absoluten Mehrheit. Angesichts des Siegeszugs der FPÖ überall in Österreich schaut das ganze Land, ob der «Wellenbrecher» im roten Winkel Österreichs der «blauen Welle» der FPÖ trotzen kann. Die Wahl hat Signalwirkung.

Was könnten die Folgen der Wahl sein?

Die SPÖ unter Landeshauptmann Hans Peter Doskozil wird die Wahl wahrscheinlich klar gewinnen. Umfragen sehen die Sozialdemokraten bei 47 Prozent. Trotzdem könnten sie auf den Oppositionsbänken landen, wenn nämlich nur drei Parteien den Sprung ins Parlament schaffen und die FPÖ mit der ÖVP eine Regierung gegen die SPÖ bildet. Alles hängt davon ab, ob die Grünen ins Parlament kommen. Im Moment liegen sie bei 4 Prozent. Das ist genau die Hürde für den Einzug in den burgenländischen Landtag.

Mann in Anzug klatscht vor rotem Hintergrund.
Legende: Ob Hans Peter Doskozil einigermassen problemlos weiterregieren kann, hängt davon ab, ob die Grünen den Einzug in den Landtag des Burgenlands schaffen. Keystone/Erwin Scheriau

Wäre eine Koalition von SPÖ und FPÖ eine Option?

Wenn die Grünen den Einzug in den Landtag schaffen, kommt niemand an der SPÖ vorbei, selbst wenn sie die absolute Mehrheit verliert. Interessanterweise würde die SPÖ wahrscheinlich eine Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ eingehen. Das Misstrauen gegen die ÖVP ist enorm gross, in ganz Österreich. Die ÖVP ist auf Bundesebene seit 38 Jahren mit an der Macht, ebenso in vielen Bundesländern, egal wie die Wahlen ausgehen.

Was ist «Doskonomics?»

SPÖ-Regierungschef Doskozil steht für eine Wirtschaftspolitik des starken Staates. In einer Landesholding sind über 80 Firmen gebündelt. Im Energie-, Wohnbau-, Gesundheitsbereich spielt das Land eine wichtige Rolle. Es gibt einen Wärme- und Wohnkostendeckel sowie einen Mindestlohn für öffentlich Beschäftigte. Doskozil kämpft so um jene Bevölkerungsschicht, die eigentlich Stammwähler der Sozialdemokraten ist, aber inzwischen zur FPÖ abwanderte. Die politischen Konkurrenten kritisieren, dass sich der Staat zu stark einmische und massiv Schulden mache. Laut Experten vom Wirt­schafts­forschungs­institut in Wien sind die Schulden über dem Durchschnitt, aber nicht explosiv. Allerdings sei die Einmischung des Staates in die Wirtschaft teilweise zu stark. Doskozil vertritt auch eine harte Migrationspolitik.

Wo steht Österreichs Regierungsbildung jetzt?

FPÖ und ÖVP verhandeln über das Budget, das heikelste Thema bei der Regierungsbildung. Eine Einigung scheint wahrscheinlich. Österreich hat in den Jahren nach Corona Rekordschulden angehäuft und die Unterstützungsleistungen seither auch nicht zurückgefahren. 2025 muss Österreich sechs Milliarden Euro sparen.  FPÖ und ÖVP planen teilweise sinnvolle Kürzungen bei Massnahmen, die nach dem Giesskannenprinzip verteilt wurden. Kritisiert wird aber, dass Klimaschutzmassnahmen zurückgefahren und Einkommensschwache zur Kasse gebeten werden.

FPÖ-Chef Kickl will keinen Öxit

Box aufklappen Box zuklappen

Der Parteichef der rechten FPÖ, Herbert Kickl, hat zugesichert, dass Österreich in der EU bleiben soll. «Kein Freiheitlicher will aus der Europäischen Union austreten», sagte der Rechtspopulist vor rund 3000 Anhängern in Vösendorf bei Wien.

Es gehe bei seiner Kritik an Brüssel darum, dass sich die EU künftig im Sinne der Wirtschaft in eine Phase der «Selbstbesinnung» statt der aktuellen «Selbstanmassung» begebe. Ziel müsse weniger Bürokratie und ein Ende des «Klima-Kommunismus» sein.

Der FPÖ-Chef unterstrich das Bekenntnis der Partei zu einer «Festung Österreich» in Fragen der Zuwanderung. Er wolle diese Art Mauer aus «Paragrafen und Verordnungen, aus Sachleistungen statt Bargeld, aus negativen Asylbescheiden, aus Heimreise-Zertifikaten, aus Abschiebeflügen» errichten. Der Umgang mit der Zuwanderung sei weit über Österreich hinaus eine Schicksalsfrage des Kontinents, sagte Kickl.

Echo der Zeit ; 

Meistgelesene Artikel