Am Sonntag wählt Ecuador Parlament und Präsident. Amtsinhaber Daniel Noboa hat gute Chancen auf eine Wiederwahl. Doch von links gibt es Konkurrenz. Die Ausgangslage schildert SRF-Korrespondentin Teresa Delgado in Quito.
Wie ist die aktuelle Lage in Ecuador?
Sie ist angespannt. Die Gewalt der Drogenbanden – Ecuador hat eine der höchsten Mordraten Lateinamerikas – hat vor allem die Pazifik-Küstenregion im Griff. Betroffen sind Städte wie Guayaquil, von wo aus Kokain in alle Welt verschifft wird. Doch auch sonst ist die Sicherheitslage fragil: So wurde bei den letzten Wahlen 2023 der Präsidentschaftskandidat Fernando Villavicencio in der Hauptstadt Quito auf offener Strasse erschossen.
Wofür steht Amtsinhaber Daniel Noboa?
Viele finden seine harte Hand gut. Noboa hat es geschafft, die Lage in den Gefängnissen Ecuadors etwas zu beruhigen. Er politisiert im Stil von Nayib Bukele, dem Hardliner-Präsidenten in El Salvador. Dieser hat mit Massenverhaftungen die Kriminalitätsrate gesenkt. Noboa deklarierte mehrere Drogenbanden in Ecuador zu Terrororganisationen, damit er sie auch mit dem Militär bekämpfen kann. Als Folge davon steckt das Land jetzt in einem bewaffneten internen Konflikt. Und inzwischen haben die Drogenbanden auch Teile des ecuadorianischen Militärs infiltriert.
Wie beliebt ist Noboa noch?
Er liegt in allen Umfragen vorn, dicht gefolgt von der linken Kandidatin Luisa González. Noboa investiert insbesondere Millionen in Social-Media-Kampagnen, was bei jüngeren Wählerinnen und Wählern gut ankommt. Er hat aber auch viele Feinde und braucht eine Sicherheitseskorte. Dafür setzt Noboa auf israelische Leibwächter. Das zeigt, wie gross sein Misstrauen in die eigenen ecuadorianischen Sicherheitskräfte ist. Diese sind teils von den Drogenbanden unterwandert.
Wie stehen die Chancen für Luisa González?
Ihre Chancen sind intakt. Sie ist die Kandidatin der Partei des linken Ex-Präsidenten Raffael Correa. Sie wäre die erste Präsidentin Ecuadors. Doch angesichts des verbreiteten «Machismo» und der Gewaltkrise wünschen sich viele Ecuadorianer und Ecuadorianerinnen wohl lieber einen vermeintlich starken Mann als Präsidenten. Zumal im Nachbarland Peru die erste Präsidentin Dina Boluarte gerade keine gute Figur macht.
Wird sich die Lage in Ecuador nach der Wahl beruhigen?
Entscheidend ist, ob die neue Präsidentin oder der Präsident es schafft, Stabilität herzustellen. Der Drogenhandel wird sich nicht leicht in den Griff bekommen lassen. Dahinter stehen weitverzweigte, internationale Kartelle. Allein wird Ecuador das Problem kaum in den Griff bekommen. Es braucht eine internationale Zusammenarbeit – etwa mit Nachbarländern wie Kolumbien, woher das meiste Kokain nach Ecuador kommt, aber auch mit den USA.