Bulgarien ist laut der Organisation Reporter ohne Grenzen EU-Schlusslicht bei der Pressefreiheit. Einer der fast einzigen bulgarischen Investigativ-Journalisten, die als unbestechlich gelten, ist Assen Jordanov.
«Vielleicht bin ich ein verrückter Idiot», sagt er beim Treffen in seiner bulgarischen Heimatstadt Burgas am Schwarzen Meer. Aber er glaube halt immer noch an das Gute.
Mit der EU kam die Medien-Unfreiheit
Früher sei seine Arbeit klischeefreier gewesen: Bevor Bulgarien 2007 Mitglied der Europäischen Union wurde, sei der Journalismus ziemlich frei und unabhängig gewesen. Jordanov arbeitete damals bei einer grossen Zeitung, niemand habe ihn zensiert.
Als Bulgarien dann aber in der EU war, hätten die Mächtigen praktisch alle bulgarischen Medien aufgekauft. «Sie wollten nicht, dass jemand aufdeckt, wie korrupt sie sind – wie sie EU-Geld missbrauchen.»
Jordanov fand ein Dokument, das bewies, dass auch seine Zeitung von einem zweifelhaften Geschäftsmann und Politiker gekauft worden war. Der Journalist wurde sofort entlassen. Ihm blieb das Talent, verräterische Dokumente aufzutreiben.
Gründer der Plattform bivol.bg
Also gründete er «Bivol», den «Bullen». Das Internet-Medium finanziert sich durch Spenden. Man könnte seine Berichte kaum glauben, wenn dort nicht alles schwarz auf weiss nachvollziehbar wäre. Mit seinem Journalismus hat Jordanov auch schon internationale Preise gewonnen.
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Jahrelang zweigten bulgarische Politiker Geld aus einem EU-Programm für «Gasthäuser» auf dem Land ab – es waren ihre privaten Ferienhäuser. Jahrelang kauften sie auch Luxuswohnungen weit unter dem Marktpreis. Und mit einem heimlich mitgeschnittenen Gespräch konnte Jordanov zeigen, dass Politiker Richterinnen und Richter bestechen.
Reiche, mächtige Feudalherren
Wie in alten Zeiten, sagt der Journalist, gebe es in Bulgarien Feudalherren – reiche Mächtige, die sich alles erlauben, alles nehmen. «Wir haben keine echte Demokratie, keine echte Marktwirtschaft», sagt der Investigativ-Journalist. Daran ändern auch seine Enthüllungen nichts, denn die bulgarische Justiz tut wenig gegen Machtmissbrauch.
Und leider fördere der Westen das kaputte System im Osten auch noch, beklagt Jordanov. Die bulgarische Mafia, so nennt er die Mächtigen, bekomme von der EU viel Geld und das Gütesiegel der europäischen Werte.
Eigentlich hätte die EU Bulgarien nicht aufnehmen dürfen, da sie keine Mechanismen habe für den Umgang mit postkommunistischen Ländern – Ländern wie Bulgarien, in denen kleptokratische Eliten nie abgelöst worden seien, sagt der Journalist.
Immerhin: Ohne die EU, so befürchtet in Bulgarien nicht nur der Journalist Jordanov, hätte sich Bulgarien längst eng an Russland angeschmiegt.